Fạch|werk|bau, der <Pl. -ten>:
2. Gebäude, das in Fachwerkbauweise gebaut ist.
* * *
Fachwerkbau,
Skelettbauweise, bei der ein tragendes Gerippe aus Holz (meist Eiche, später auch Nadelholz) aufgestellt wird, dessen einzelne Gefache mit nicht tragenden, nur sich selbst tragenden Materialien wie Stroh-Lehm-Gemisch mit Holzgeflecht oder (oft in Norddeutschland) mit Ziegelsteinen ausgefüllt werden und die auch die Fenster enthalten. Grundlagen des Gerippes bilden die horizontal verlaufenden Schwellen (Bundschwellen), auf denen die Ständer (Pfosten, Stiele, Säulen) stehen. Den oberen Abschluss eines Stockwerkes bildet der Rahmen (Rähm, Spange, Oberschwelle, Bundbalken), auf dem die Deckenbalken aufliegen. Zwischen Schwelle und Rähm, ebenfalls horizontal, wird zur weiteren Wandaufteilung der Riegel, ein waagrechter Verbindungsbalken, angebracht. Zur Windaussteifung dienen die schräg verlaufenden Streben (Fuß- und Kopfbänder). Beim Stockwerkbau bildet jedes Stockwerk mit Schwellenkranz und Rähmkranz ein in sich geschlossenes Element. Als Holzverbindungen waren zuerst Verblattungen, bei denen die Balken von außen in ein ihnen angepasstes Bett eingelegt wurden, ab dem 15. Jahrhundert Verzapfungen üblich.
Das hauptsächliche Verbreitungsgebiet des Fachwerkbaus liegt in Europa zwischen dem 47. und 57. Breitengrad, reicht aber im Osten darüber hinaus. In der minoischen Kultur auf Kreta ist Fachwerkbau durch Abbildungen (Fayenceplatten) belegt. Die ältesten noch stehenden Fachwerkhäuser gehören dem 15. Jahrhundert an. Althistoriker weisen auf hölzernen Skelettbau im 7. Jahrhundert v. Chr. im Mittelmeerraum (neben dem Steinbau) hin. Vitruvs »opus craticium« ist Fachwerktechnik. Im mittleren Europa dürfte der Holzbau mit abständigen Pfosten und der Ausfachung mit Flechtwerk oder Holz vorgeherrscht haben, bis sich vornehmlich in den Städten der mehrgeschossige Fachwerkbau entwickelte. Im »Stundenbuch« des Herzogs von Berry (1416) findet sich eine Miniaturdarstellung von Mont-Saint-Michel, zu Füßen der Abtei eine Stadt mit dreigeschossigen Fachwerkhäusern mit den noch heute in der Normandie anzutreffenden vorstehenden und reich verzierten Schwebegiebeln (vor das Giebelfeld gelegte Verstrebungen).
Der Fachwerkbau weist in den einzelnen Landschaften eine größere Variationsbreite als der Massivbau auf. Als seine durchgängige Eigenheit gilt das Überhängen (Vorkragen) der oberen Stockwerke über die unteren, besonders zur Straße hin. Die überliegenden Balken schaffen größere Verspannungen und Standfestigkeit und mehren in den Obergeschossen zugleich den Raum. Der Überhang wurde im Laufe der Zeit aber immer geringer.
Der englische Fachwerkbau und auch der Fachwerkbau der Normandie fallen durch ihre eng aneinander gereihten Stiele auf, dabei ist meist auf Riegeleinschuss verzichtet. Daneben gibt es aber in Westengland, besonders in Cheshire und Lancashire, sehr kleinfeldriges Fachwerk mit betonter Zierverstrebung. Eine Unterscheidung von keltischer und angelsächsischer Art dürfte jedoch nicht möglich sein. In der Normandie, in der Rouen und Caudebec-lès-Elbeuf als Orte reicher Fachwerkarchitektur gelten, ist eine Häufung von Schnitzerei an den Schwellbalken festzustellen.
Besonders mannigfaltig sind die landschaftlichen Spielarten des Fachwerkbaus in Deutschland, außerdem ist starke Formwanderung zu beobachten. Man unterscheidet v. a.: 1) eine alemannische Fachwerkart mit weit voneinander gestellten Stielen (was aber auch bei Bauten des 16. und 17. Jahrhunderts in Norddeutschland zu finden ist), dazu eng gereihte, sichtbar, aber unverziert gebliebene Balkenköpfe, langes Beibehalten der Blattung (ein Hauptbeispiel: Altes Rathaus in Esslingen am Neckar, 1430); 2) den fränkischen Fachwerkbau mit engerer Ständerstellung, Zapfung statt Blattung, gegen Ende des 16. Jahrhunderts mit vielen reich verzierten Verstrebungen und Ausbau des »fränkischen Fenstererkers« (z. B. »Deutsches Haus« in Dinkelsbühl). 3) Auch im niedersächsischen Fachwerkbau rücken die Ständer früh eng aneinander. Die Balkenköpfe der Obergeschosse werden von reich profilierten und figürlich gezierten Konsolen oder Knaggen unterstützt. Zierverstrebungen bleiben unterhalb der Riegel (bedeutend das Knochenhaueramtshaus in Hildesheim, ursprünglich 1529, 1945 zerstört, wieder aufgebaut; typische Beispiele sind die von S. Stappen im 2. Drittel des 16. Jahrhunderts geschaffenen Häuser in Goslar, Braunschweig und Celle). 4) An der Niederelbe und in Schleswig-Holstein ist das Fachwerk wieder einfacher, den Zierverbänden in den Backsteinfüllungen der Felder kommt oft mehr Bedeutung zu als den Rahmungen in Holz. 5) Der ostdeutsche Fachwerkbau beschränkt sich auf die Wirkung des Gefüges der Ständer, Riegel und Streben, die, sich verkreuzend, von der Schwelle bis zum Rähm reichen.
Die Freude am Schnitzwerk an Schwellen und Konsolen bestimmt den dänischen Fachwerkbau. Da dort aber die Traufenstellung vorherrscht, während in Norddeutschland die Giebelstellung dominiert, ist seine städtebauliche Wirkung in Ripen, Næstved und Køge weniger hervorstechend.
Der Fachwerkbau galt nicht nur für Bürger- und Bauernhäuser (in einigen Städten, z. B. Lübeck, war er wegen der Brandgefahr schon im 13. Jahrhundert verboten), auch Schlösser wurden in Fachwerkbau errichtet, z. B. in Weilburg, Gießen, Coburg und Wolfenbüttel. (Bauernhaus, Bürgerhaus)
F. H. Grossley: Timber building in England, from early times to the end of the seventeenth century (London 1951);
W. Radig: Frühformen der Hausentwicklung in Dtl. (Berlin-Ost 1958);
W. Sage: Dt. Fachwerkbauten (31981);
G. U. Grossmann: Der F. Das histor. Fachwerkhaus, seine Entstehung, Farbgebung, Nutzung u. Restaurierung (1986);
G. Binding: Kleine Kunstgesch. des dt. F.s (41989);
K. Klöckner: Alte Fachwerkbauten (31991).
* * *
Fạch|werk|bau, der: 1. (Archit.) <o. Pl.> ↑Fachwerk (1 a). 2. <Pl. ...bauten> Gebäude, das in Fachwerkbauweise gebaut ist: Im F., den sie von rechts betreten, wohnen sie (Degener, Heimsuchung 135).
Universal-Lexikon. 2012.