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Canossa
Ca|nọs|sa, das; -[s], -s, Kanossa, das; -s, -s [nach Canossa, einer Burg in Norditalien, in der 1077 Papst Gregor VII. (etwa 1020–1085) den dt. Kaiser Heinrich IV. (1050–1106) auf dessen Bußgang hin vom Bann lossprach]:
jmdm. schwerfallende, aber von der Situation geforderte tiefe Selbsterniedrigung:
ein C. durchmachen;
Gang nach C. (Canossagang);
nach C. gehen (eine schwerfallende, aber von der Situation geforderte Selbsterniedrigung auf sich nehmen).

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I
Canossa
 
Canossa, eine Burg im Apennin, war im Januar 1077 Schauplatz der Kirchenbuße König Heinrichs IV. vor Papst Gregor VII. König Heinrich erreichte dadurch die Lösung vom Kirchenbann, den der Papst zuvor über ihn verhängt hatte. »Canossa« wurde später zum Inbegriff für demütiges Zukreuzekriechen und ist als Schlagwort aus dem historischen Zusammenhang gerissen worden. Für die Zeitgenossen aber war Canossa kein symbolträchtiges Einzelereignis, sondern Glied in einer Kette beispielloser Vorkommnisse. Papsttum und Königtum hatten in Mailand (siehe auch Investiturstreit) verschiedene Kandidaten für das Amt des Erzbischofs unterstützt. Um seiner Auffassung Nachdruck zu verleihen, dass sich die königliche Partei mit dem Widerstand gegen den päpstlichen Kandidaten ins Unrecht setze, hatte der Papst die verantwortlichen königlichen Räte im Frühjahr 1073 exkommuniziert. Obwohl jedem Christen der Umgang mit Exkommunizierten bei Strafe der eigenen Exkommunikation verboten war, trennte sich König Heinrich nicht von seinen Räten, gab sich aber gleichwohl in seinen Briefen an Gregor VII. verhandlungsbereit und nachgiebig und betonte seinen Gehorsam gegenüber dem Apostolischen Stuhl. Im Dezember 1075 nun forderte der Papst eine klare Entscheidung: In ultimativ-schroffer Form verlangte er von Heinrich Trennung von den Räten und Unterwerfung unter das päpstliche Urteil. Der Brief erreichte Heinrich, als er gerade seinen Sieg über die aufständischen Sachsen glanzvoll feierte. Zusammen mit seinen Bischöfen sagte er Papst Gregor von Worms aus den Gehorsam auf und forderte ihn auf, vom päpstlichen Stuhl herabzusteigen. Gregor VII., der sich als Stellvertreter des Apostelfürsten auch selbst für unfehlbar und keines Menschen Urteil unterworfen erklärt hatte, wertete das als gotteslästerliche Anmaßung und reagierte entsprechend: In einem Gebet an den Apostel Petrus setzte er seinerseits König Heinrich ab und exkommunizierte ihn. Als dieses Urteil bekannt wurde, erzitterte die Erde, schrieb ein Zeitgenosse, denn dass ein »von Gottes Gnaden« regierender König aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen und abgesetzt wurde, das hatte es noch nicht gegeben. König und Papst hatten sich damit gegenseitig die Legitimität abgesprochen. Es zeigte sich bald, dass das Wort des Papstes mehr bewirkte als das des Königs: Die Anhängerschaft Heinrichs in Deutschland schmolz dahin. Heinrichs alte Gegner aus dem sächsischen Aufstand drohten mit der Wahl eines Gegenkönigs für den Fall, dass es Heinrich nicht gelänge, sich binnen Jahresfrist vom Bann zu lösen. Statt aber die Lösung vom Bann durch Verhandlungen und politische Zugeständnisse zu erreichen, wählte Heinrich einen Weg, den wohl niemand erwartet hatte: Mitten im Winter überquerte er die Alpen und erflehte im Büßergewand die Vergebung des Papstes in Canossa. Dem reuigen Büßer durfte Gregor als Seelenhirte die Absolution nicht verweigern. Heinrich war wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen, die geplante Neuwahl zunächst vereitelt. Heinrich IV. hatte einen Augenblickserfolg errungen - aber zugleich der geheiligten Würde des königlichen Amtes schweren Schaden zugefügt.
 
II
Canọssa,
 
Felsenburg 18 km südwestlich von Reggio nell'Emilia, Italien, wurde im 10. Jahrhundert von Adelbert Atto, dem Stammvater der späteren Markgrafen von Canossa, erbaut, die der Sage nach hier der späteren Kaiserin Adelheid Zuflucht gewährt haben sollen. Als Gast der Markgräfin Mathilde von Tuszien löste Papst Gregor VII. in Canossa 1077 König Heinrich IV., der ihn durch tiefe Selbstdemütigung dazu zwang, vom Bann. Die neuere Forschung betont den politischen Sieg des Königs; doch hatte dessen Erniedrigung schwere Folgen für das Ansehen des mittelalterlichen Kaisertums, besonders im Verhältnis zum Papsttum. 1878 wurde die 1255 und abermals 1537 zerstörte, seit Ende des 18. Jahrhunderts als Steinbruch genutzte Burg zum Nationaldenkmal erklärt. - Während des Kulturkampfes prägte O. von Bismarck am 14. 5. 1872 im Reichstag die Redewendung »Nach Canossa gehen wir nicht«.
 
Literatur:
 
N. Campanini: Guida storica di C. (Reggio nell'Emilia 41974);
 H. Zimmermann: Der Canossagang von 1077. Wirkungen u. Wirklichkeit (1975);
 H. Kämpf: C. als Wende (31976).
 

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Ca|nọs|sa, Kanossa [nach Canossa, einer Burg in Norditalien, in der 1077 Papst Gregor VII. (etwa 1020 bis 1085) den dt. Kaiser Heinrich IV. (1050-1106) auf dessen Bußgang hin vom Bann lossprach]: 1. jmdm. schwer fallende, aber von der Situation geforderte tiefe Selbsterniedrigung: ein C. durchmachen; *Gang nach C. (↑Canossagang). 2. *nach C. gehen (eine schwer fallende, aber von der Situation geforderte Selbsterniedrigung auf sich nehmen).

Universal-Lexikon. 2012.