Pụp|pen|the|a|ter 〈n. 13〉 Theater für Puppenspiele, Kasper-, Marionetten-, Schattentheater
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Pụp|pen|the|a|ter, das:
Theater, in dem mit Handpuppen, Marionetten o. Ä. gespielt wird.
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Pụppentheater,
Pụppenspiel, Figurentheater, darstellende Kunst, bei der die Produzenten (Spieler) mit Puppen oder anderen mechanisch bewegten Figuren auf einer ihnen angepassten Bühne, von einem Kommentator begleitet (asiatische Puppentheater) oder mit unterlegten menschlichen Stimmen, oft mit musikalischer Untermalung vor Zuschauern agieren. Man unterscheidet Puppentheater mit plastischen Figuren: Handpuppentheater (Handpuppe), Marionettentheater (Marionette), Stock- oder Stabpuppentheater (Stockpuppe, Stabfiguren), Theater mit Humanetten und Puppentheater mit beweglichen oder starren Flachfiguren: Schattenspiel, mechanisches Theater, Theatrum Mundi, Modell- oder Papiertheater. Allen Dramenformen und Stoffen zugänglich tendiert das Puppentheater zu Vereinfachungen in Personenzahl, Dialog und Problematik. Charakteristisch sind (besonders für Puppentheater mit Hand- und Stockpuppen) volkstümliche Stoffe, Improvisationen, die es erlauben, das Publikum ins Spiel einzubeziehen (Beantwortung von Fragen, Aufpasserfunktionen u. a.) und auf Aktuelles anzuspielen. Dies macht das Puppentheater für pädagogische Zwecke geeignet; es ist heute oftmals Bestandteil der Vorschul- und Schulerziehung. Als volkstümliche Unterhaltung hat es v. a. lustige Typen ausgebildet, die zum Teil bis heute die einzelnen Arten und ihre nationalen Ausprägungen kennzeichnen: so der deutsche Hanswurst und das deutscheKasperl, der italienische Pulcinella, der sich als Punch im englischen Puppentheater findet, der französische Guignol und der türkische Karagöz u. a. Während man früher im Puppentheater verkleinertes Theaterspiel von Menschen sah (»théâtre en miniature«), wird gegenwärtig die Eigenständigkeit des Puppentheaters als des künstlichsten, »absoluten« Theaters betont. Das Puppentheater wendet sich heute stärker dem Bildhaften, dem Spiel mit Objekten zu.
Für das Vorhandensein des Puppentheaters gibt es Hinweise bereits in alten Kulturen (in Griechenland bei Xenophon für 422 v. Chr.; in China für die westliche Handynastie; in Ägypten, Ostasien und Indien), selten unmittelbare Beweise, da das verwendete Material dem Verfall ausgesetzt war. Das Puppentheater ist als archaische Kunst zu betrachten, die jedoch zu ihrer Entwicklung das Vorhandensein anderer Künste (Malerei, Musik, Tanz) voraussetzt. In der abendländischen Kultur gibt es erst in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts authentischen Nachweise (Randzeichnung in einer Handschrift des Alexanderliedes). Im deutschen Sprachraum sind Puppentheaterspiele mit dramatischer Handlung im 15. Jahrhundert nachweisbar (»hymelrich« oder »tockenspil«). Leiter von Wanderbühnen ersetzten in schlechten Zeiten während des Dreißigjährigen Krieges ihre Schauspieler durch Figuren. So drang allmählich das Repertoire der Wanderkomödianten ins Puppentheater ein. »Das Puppenspiel vom Dr. Faust(us)« war im deutschen Puppentheater das meistgespielte (noch heute aufgeführte) Stück. In England entstanden Ende des 16. Jahrhunderts, in Frankreich im 17. Jahrhundert feste P. (in Deutschland erst 1802 das Kölner Hänneschen-Theater), die dem eigentlichen Theater oft Konkurrenz machten. Während Handpuppentheater und Marionettentheater die volkstümliche Unterhaltung blieben, interessierten sich Adel und Bürgertum im Gefolge der Chinoiseriemode seit Ende des 17. Jahrhunderts auch für das Schattenspiel, im 18. Jahrhundert für das mechanische Theater und für das Theatrum Mundi. Das Interesse für das Puppentheater (stark ausgeprägt auch bei Goethe) erreichte einen Höhepunkt in der Romantik: theoretische Reflexion u. a. bei A. von Arnim, E. T. A. Hoffmann, besonders H. von Kleist. L. Tieck, S. A. Mahlmann, J. Kerner und C. Brentano verfassten Stücke ausdrücklich für das Puppentheater. Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte F. von Pocci das Puppentheater für pädagogische Zwecke zu erneuern; grundlegende Bestrebungen hierzu setzten etwa 1910 ein, als, zum Teil angeregt durch das hohe künstlerische Niveau des asiatischen Puppentheaters (u. a. das japanische Bunraku), bedeutende Bühnenbildner wie A. Appia und E. G. Craig, bildende Künstler wie Natalia Gontscharowa, P. Klee, Sophie Täuber-Arp, A. Calder und besonders Mitglieder des Bauhauses unter engem Anschluss an herrschende Kunstrichtungen und neue technische Errungenschaften (Lichtregie) eigenständige Figuren und Bühnenformen entwickelten; Auftrieb erhielt das Puppentheater auch durch die Jugendbewegung. Von Bedeutung wurden die Puppentheater von Paul Brann (* 1873, ✝ 1955) in München (Mitarbeit: O. Gulbransson, H. Thoma, P. Klee, W. Kandinsky), von Richard Teschner (* 1879, ✝ 1948) in Wien (javanische Spieltechnik, Mitarbeit: G. Klimt, A. Roller), Ivo Puhonny (* 1876, ✝ 1940) in Baden-Baden und William Britton (Bil) Baird (* 1904, ✝ 1987) in New York, die Hohnsteiner Puppenspiele von Max Jacob (* 1888, ✝ 1967) sowie die Marionetten von Anton Aicher (* 1859, ✝ 1930) in Salzburg. Die nationalsozialistische Zeit brachte die avantgardistische Puppentheaterbewegung zum Erliegen, förderte aber das Puppentheater als propagandistisches Medium. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Versuche mit dem Puppentheater fortgesetzt; u. a. gründete Walter Oehmichen (* 1901, ✝ 1977) die »Augsburger Puppenkiste«, H. M. Denneborg das »Atelier-Theater für Puppenspiel« (Gelsenkirchen), Michael Meschke (* 1931) das Stockholmer Puppentheater. In jüngster Zeit gewann das Puppentheater als mobile, kindgemäße Kleinsttheaterform, als Theater für Erwachsene und im therapeutischen Bereich an Bedeutung. Texte für Puppentheater schrieben im 20. Jahrhundert u. a. A. von Bernus (Gründer der »Schwabinger Schattenspiele«, 1906), W. von Scholz, E. Toller, M. Kommerell, T. Dorst, der Tscheche K. Čapek. - In der DDR gab es zuletzt acht staatliche und neun städtische P., die zum Teil Mehrspartentheatern angeschlossen waren, außerdem rd. 50 private Bühnen. In Deutschland gibt es insgesamt rd. 470 Puppentheater, davon rd. 260 professionelle. Etwa 100 Puppentheater haben eine feste Spielstätte und spielen regelmäßig.
In den osteuropäischen Ländern entwickelte sich das Puppentheater - als in großen Häusern organisiertes Staatstheater - teilweise zum Kindertheater (z. B. Staatliches zentrales Puppentheater Moskau; Theater Drak in Königgrätz). Bedeutend sind die tschechischen Puppentheater, u. a. wegen ihrer traditionell auch politische Funktion, z. B. bei Spejbl und Hurvínek von Josef Skupa (* 1892, ✝ 1957), ferner die russischen Puppentheater, die von S. W. Obraszow seit 1925 entwickelt, in ihren Spielmöglichkeiten erweitert und theoretisch fundiert wurden. - Überregionale Institutionen: UNIMA (Union Internationale de la Marionnette), Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst e. V. (Sitz: Bochum), Fachverband für Puppenspielkunst e. V. (Sitz: Berlin), dem (1997) 130 professionelle Puppentheater angehören.
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Pụp|pen|the|a|ter, das: Theater, in dem mit Handpuppen, Marionetten o. Ä. gespielt wird.
Universal-Lexikon. 2012.