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Naturheilkunde
Na|tur|heil|kun|de 〈f. 19; unz.〉 Lehre von der Krankenbehandlung durch Steigerung der dem Menschen innewohnenden Selbstheilkräfte durch physikal. u. diätetische Mittel ohne Medikamente; Sy Physiatrie

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Na|tur|heil|kun|de, die:
Heilkunde, die Therapien mit natürlichen Mitteln, [weitgehend] ohne pharmazeutische Arzneimittel vertritt.

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Naturheilkunde,
 
im weiteren Sinn die Lehre von der Heilung von Krankheiten durch »naturgegebene« Einwirkungen. Die Naturheilkunde entzieht sich einer eindeutigen Definition: So bestehen einerseits weitgehende Überlappungen mit der Schulmedizin, die sich auch vieler »natürlicher« Verfahren wie Bewegungstherapie, Atemtherapie, Wärme- und Kältetherapie, Klimatherapie und Massagetherapie bedient. Andererseits sind gerade unter den von der Schulmedizin verwendeten Arzneimitteln zahlreiche, aus Pflanzen oder Bakterienkulturen gewonnene »natürliche« Stoffe vertreten (z. B. Antibiotika, Mutterkorn- oder Opiumalkaloide). Trotz Uneinigkeit über Definition und Abgrenzung des Fachs zu Schulmedizin einerseits und zu weiteren alternativen Heilverfahren andererseits sind die Verwurzelung im von der Natur Vorgegebenen und das Hinzielen auf eine Steigerung der dem Menschen innewohnenden Naturheilkräfte im Selbstverständnis der Naturheilkundler unbestritten. Dabei verwertet die Naturheilkunde die Erfahrung, die von der Naturwissenschaft bestätigt wird, dass eine Krankheit ohne die Mittel des Organismus nicht geheilt werden kann (biologische Medizin): die Fähigkeit, zerstörte Gewebe wiederherzustellen (Regeneration), bestimmte Gewebedefekte zur Vernarbung zu bringen, geschwächte Leistungen eines Organs allmählich zu bessern oder durch Mehrleistung anderer Organe auszugleichen. Dazu kommen die allgemeine Widerstandsfähigkeit des Menschen gegen krank machende Wirkungen der Außenwelt überhaupt wie auch die Kraft des seelischen Gleichgewichts. Krankheitssymptome wie Fieber erscheinen dabei als Ausdruck natürlicher Heilungsvorgänge, die nicht unbedingt unterdrückt, sondern sinnvoll geleitet werden sollen. Da die natürliche Heilkraft des Körpers allein manchmal nicht ausreicht, müssen zusätzliche Behandlungsmaßnahmen ergriffen werden. »Natürliche« Anwendungen werden hierbei als Naturheilverfahren bezeichnet. Die Naturheilkunde kommt heute in großem Maße in der Vorsorge (Prophylaxe), bei Frühheilverfahren, bei chronischen Erkrankungen (z. B. Zivilisationskrankheiten) und bei der Nachbehandlung von Krankheiten (Rehabilitation) zum Einsatz.
 
Verfahren:
 
Angewendet werden naturgegebene Einwirkungen, die auch den gesunden Menschen durch Abhärtung in seiner gesunden Leistung erhalten. Dazu gehören Luft- und Lichtbäder, Wasserbäder verschiedener Wärmegrade, Ruhe und Bewegung, Gymnastik, Massage, klimatische Einwirkungen und eine zweckmäßige Ernährung. Je weniger diese natürliche Reize verändert und spezialisiert werden, desto näher kommen sie dem Sinn der Naturheilkunde. Die Pflanzenheilkunde (Phytotherapie), ein Teilgebiet der Naturheilkunde, verwendet frische beziehungsweise getrocknete Pflanzen oder Teile davon (Drogen) ohne weitere chemische oder sonstige Verarbeitung als Grundlage von Tees, Aufgüssen und Abkochungen. Die aus den Drogen gewonnenen Tinkturen und Extrakte gestatten je nach ihrem Wirkstoffgehalt eine differenzierte Therapie. Im weiteren Sinn werden auch psychotherapeutische Verfahren wie Hypnose und autogenes Training sowie alle kreativen Maßnahmen wie Musik- und Kunsttherapie (Maltherapie) zu den Naturheilverfahren gezählt. Im Unterschied zur streng verstandenen naturwissenschaftlichen Medizin verwendet die Naturheilkunde auch Methoden, deren Heilerfolge wissenschaftlich (noch) nicht erwiesen sind, sondern auf der Beobachtung von Einzelfällen beruhen (Erfahrungsheilkunde).
 
Geschichtliches:
 
Die Medizin war über Jahrtausende naturheilkundlich orientiert. Schon in der Antike haben die Vorsokratiker und Hippokratiker auf die Bedeutung einer naturgemäßen Krankheitsbehandlung, der »Diaita« (Diät), hingewiesen; auch in der Medizin außereuropäischer Kulturen spielt die Naturheilkunde eine große Rolle.
 
Die neuzeitliche Naturheilkunde geht auf die auf Erfahrung gestützte Anwendung naturgegebener Heilmittel zurück; zunächst waren Laienbehandler in dieser Richtung tätig, z. B. V. Priessnitz, J. Schroth, S. Kneipp, die die rein naturwissenschaftlich ausgerichtete Medizin ablehnten oder für zumindest ergänzungsbedürftig hielten. Ihre Methoden wurden wissenschaftlich begründet und in die Medizin eingeführt durch die Ärzte Heinrich Lahmann (* 1860, ✝ 1905), M. Bircher-Benner, Alfred Brauchle (* 1898, ✝ 1964) und Hans Malten (* 1897, ✝ 1959).
 
Literatur:
 
Lb. der Naturheilverfahren, hg. v. K.-C. Schimmel, 2 Bde. (21990);
 E. Meyer-Camberg: Das prakt. Lex. der N. (Neuausg. 1990);
 
Naturheilverfahren in der ärztl. Praxis, hg. v. H.-D. Hentschel (21996).
 

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Na|tur|heil|kun|de, die <o. Pl.>: Heilkunde, die Therapien mit natürlichen Mitteln, [weitgehend] ohne pharmazeutische Arzneimittel vertritt.

Universal-Lexikon. 2012.