Frẹm|den|recht 〈n. 11; unz.〉 alle gesetzl. Bestimmungen, die die Rechtsstellung der Personen regeln, die nicht die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzen; Sy Ausländerrecht
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Fremdenrecht,
die völkerrechtlichen und innerstaatlichen Vorschriften, die die Rechtsstellung des Fremden regeln. Der Zugang zum Staatsgebiet (Einreise, Niederlassung, vorübergehender Aufenthalt) kann nach Ermessen geregelt werden, soweit nicht vertragliche Bindungen bestehen (Ausländer, Staatsrecht; Freizügigkeit). Wird der Zugang gewährt, erwirbt der Fremde eine völkerrechtlich gegenüber dem Gebietsstaat gesicherte Rechtsstellung, ist jedoch der Rechtsordnung dieses Staates unterworfen. Soweit der Heimatstaat des Fremden mit dem Gebietsstaat nicht eine weitergehende Sicherung vereinbart hat, muss jedenfalls der völkerrechtliche »Mindeststandard« beachtet werden, sodass selbst die Gleichbehandlung mit den Inländern nicht ohne weiteres dem Völkerrecht entspricht. Der Mindeststandard umfasst die Rechte und Freiheiten nach den Menschenrechtskonventionen (Menschenrechte), soweit der Gebietsstaat ihnen beigetreten ist, sonst den Schutz von Leben, Freiheit, Gewissen und Eigentum, das Verbot willkürlicher Behandlung und das Recht auf ordnungsgemäßen Rechtsgang vor den Gerichten. Welches Recht für die privatrechtlichen Beziehungen des Fremden maßgebend ist, bestimmt das internationale Privatrecht des Gebietsstaates. Die Ausreise darf nach Völkergewohnheitsrecht einem Fremden nicht verweigert werden. Eine Befugnis zur Ausweisung besteht nicht nach freiem Ermessen, sondern nur bei einem hinreichenden rechtfertigenden Grund der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und in einem rechtsstaatlich geordneten Verfahren; zusätzlicher Schutz kommt Flüchtlingen und heimatlosen Ausländern zu.
Teilhabe am Recht setzte ursprünglich Zugehörigkeit zu den einzelnen Rechtsgemeinschaften (Sippe, Stamm) voraus. Der Fremde war rechtlos, er konnte bußlos getötet oder verknechtet werden. So stand es Küstenbewohnern zu, Schiffbrüchige samt Schiff und Ladung in Anspruch zu nehmen. Erst durch Aufnahme als Gast trat der Fremde unter den Rechtsschutz seines Gastgebers, der für dessen Handlungen einzustehen hatte. Im römischen Recht kam es auf der Grundlage des Personalitätsprinzips zur Ausbildung eines Fremdenrechts, indem bestimmte Rechtseinrichtungen auch Fremden (»peregrini«) zur Verfügung gestellt wurden. Neben Handels- und Freundschaftsverträgen, die Bürgern fremder Städte das »commercium« (Fähigkeit, in Rom Rechtsgeschäfte abzuschließen) brachten und ihnen vor römischen Gerichten Rechtsschutz zuerkannten, etablierte sich im internationalen Handelsverkehr ein Komplex von Rechtsregeln, die zwischen Römern und Fremden sowie Fremden untereinander vor römischen Gerichten Anwendung fanden. Auch germanische Volksrechte übernahmen das Personalitätsprinzip. Die Rechtsstellung von Ausländern blieb trotz kaiserlicher Maßnahmen stark eingeschränkt (Verbot Karls des Großen, das Gastrecht zu verweigern, 802; Gesetz »Omnes peregrini« Friedrichs II., 1220). Fremde hafteten für Schulden ihrer Landsleute, sie hatten vor Gericht Kaution zu stellen, Grundbesitz konnten Fremde nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen erwerben u. a. Die durch Bildung von Territorien, Grundherrschaften und Städtegründungen fortschreitende mittelalterliche Rechtszersplitterung dehnte den Begriff des Fremden immer weiter aus. Ihm verblieb »Königsschutz« (mit der Anwendung von königlichem Amtsrecht) und (gegen Bezahlung) Schutz durch königliches Geleit. Verbesserungen wurden durch Verträge zwischen einzelnen Territorien und Städten erreicht (»Burgverträge«, Hanse). Grundsätzliche Besserstellung brachte erst das neuzeitliche Naturrecht. Wichtige Stationen der Rechtsangleichung innerhalb Deutschlands waren die Deutsche Bundesakte (1815) und die Reichsverfassung von 1871, nach der alle Deutschen des Reiches Inländer waren.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Asylrecht · Auslieferung · Flüchtlinge · Menschenrechte · Vertriebene
H. Thieme: Die Rechtsstellung des Fremden in Dtl. vom 11. bis zum 18. Jh., in: Recueils de la Société Jean Bodin pour l'Histoire Comparative des Institutions, Jg. 10 (Brüssel 1958).
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Frẹm|den|recht, das <o. Pl.>: Ausländerrecht.
Universal-Lexikon. 2012.