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VKSE
VKSE,
 
Abkürzung für Verhandlungen über konventionẹlle Streitkräfte in Europa, am 9. 3. 1989 in Wien aufgenommene Gespräche zwischen den Staaten der NATO und des Warschauer Pakts über eine ausgewogene Verringerung der konventionellen Land- und Luftstreitkräfte in Europa. Sie lösten die ergebnislos beendeten Verhandlungen über MBFR ab und führten am 19. 11. 1990 zum Wiener Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag); dieser legt für das gesamte Anwendungsgebiet zwischen Atlantik und Ural einschließlich aller zu den Vertragsstaaten gehörenden europäischen Inseln sowie für genau festgelegte Teilgebiete des Kontinents fest, welche Obergrenzen die Waffenpotenziale der beteiligten Staaten in den fünf Kategorien »Kampfpanzer«, »gepanzerte Kampffahrzeuge«, »Artillerie«, »Kampfflugzeuge« und »Kampfhubschrauber« künftig nicht überschreiten dürfen.
 
Vereinbarungsgemäß wurde am 16. 11. 1995, 40 Monate nach dem In-Kraft-Treten des Vertrags, die Reduzierungsphase beendet. Bis dahin waren circa 50 000 konventionelle Waffensysteme vernichtet. Dies entsprach 95 % des Zerstörungssolls. Nur drei Staaten (Aserbaidschan, Ukraine, Weißrussland) konnten ihre Zerstörungsverpflichtungen nicht vollständig erfüllen. Es wurde jedoch das Ziel des Vertrags, umfassende Offensiven und Überraschungsangriffe der Vertragsstaaten unmöglich zu machen, im Vertragsgebiet erreicht. Der detailliert auf Ausgewogenheit zwischen den beiden gegnerischen Bündnissystemen des Ost-West-Konflikts bedachte Vertrag war in dieser Hinsicht schon 1991 durch die Auflösung des Warschauer Pakts und den Zerfall der UdSSR funktionslos geworden. 1992 gelang es, die für die UdSSR vorgesehenen Obergrenzen auf ihre Nachfolgestaaten aufzuteilen. In der ersten KSE-Überprüfungskonferenz in Wien (Mai 1996) verpflichteten sich die inzwischen 30 Vertragsstaaten, am KSE-Vertrag als einem Eckpfeiler der europäischen Sicherheitsarchitektur festzuhalten. Die seit 1993 bestehende Problematik, die Verteilung der russischen Streitkräfte (v. a. im Nordwesten und im Kaukasus) neu zu regeln, wurde gelöst.
 
Die parallel zu den VKSE, jedoch zeitlich versetzt 1990-92 geführten Verhandlungen über die Personalstärken der Land- und Luftstreitkräfte in Europa (VKSE-Ia) führten am 9./10. 7. 1992 am Rande des Helsinki-Gipfeltreffens der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zur Unterzeichnung einer »abschließenden Akte« (KSE-Ia-Abkommen) zur Senkung der Personalstärken. Auch dieser Vertrag wurde inzwischen weitgehend verwirklicht. Einige Staaten (z. B. Deutschland) hatten die damaligen Höchstgrenzen schon unterschritten.
 
Im Januar 1997 begannen Anpassungsverhandlungen, um die nach wie vor bipolare Struktur des Vertrags aufzugeben und ihn an die sicherheitspolitischen Veränderungen anzupassen, die sich zum einen aus der so genannten Ost-Erweiterung der NATO, zum anderen aus der Notwendigkeit der Vertragsstaaten, Truppen für friedensschaffende und friedenserhaltende UN-Einsätze bereitzuhalten, ergeben. Am 19. 11. 1999 wurde schließlich eine Neufassung des KSE-Vertrages unterzeichnet, der die Obergrenzen der Waffensysteme den einzelnen Vertragsstaaten nun direkt zuweist sowie weiteren europäischen Staaten den Beitritt zum KSE-Vertrag ermöglicht.

Universal-Lexikon. 2012.