die Zergliederung beziehungsweise »Auflösung« eines musikalischen Gesamtgefüges hinsichtlich seiner satztechnischen (z. B. Melodiebildung, Motivik, Harmonie, Kontrapunkt), formalen (Sonatenform, Liedform u. a.) sowie rhythmisch-metrische Bestandteile beziehungsweise Sinnträger mit dem Ziel, deren Intentions-, Daseins- und Wirkungsstruktur zu erkennen. Dabei wird in der Regel gefordert, dass die musikalische Analyse nicht im bloßen Beschreiben von Strukturzusammenhängen stecken bleibt, sondern sich stets an übergeordneten Fragen (historischer Standort, ästhetischer Gehalt und Verstehen) orientiert. Andererseits gelangen ihre Antworten erst dann zu voller Gültigkeit, wenn sie am musikalischen Objekt selbst nachgewiesen werden.
Nach Ansätzen im 17. und 18. Jahrhundert (J. Tinctoris, J. Mattheson) wurde die musikalische Analyse im 19. Jahrhundert v. a. von Musikern und Komponisten (E. T. A. Hoffmann, R. Schumann) betrieben und entwickelte sich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, ausgelöst u. a. durch die Leitmotivbetrachtungen der Werke R. Wagners, zu einer eigenständigen, mittlerweile zentralen musikwissenschaftlichen Disziplin (H. Riemann, A. Halm, H. Schenker, H. Kretzschmar, A. Schering), wobei sich ihre Methodendiskussion bis heute im Spannungsfeld zwischen den Vertretern der formal-strukturalen Analyse einerseits und der inhaltlich-hermeneutischen andererseits bewegt. Einen besonderen Stellenwert erlangte die musikalische Analyse daneben im Kreis um A. Schönberg, wobei die analytischen Einsichten in die Eigengesetzlichkeiten der Zwölftonkomposition (Reihenformen u. a.) auch stilbildend auf die Kompositionstechnik insgesamt rückwirkten. Einen breiten Raum innerhalb der musikalischen Analyse zeitgenössischer Musik (z. B. der seriellen Musik) nehmen mittlerweile auch mathematisierende Methoden ein.
C. Dahlhaus: Analyse u. Werturteil (1970);
H. H. Eggebrecht: Sinn u. Gehalt. Aufsätze zur m. A. (21985);
D. de la Motte: M. A., 2 Bde. (61990);
Universal-Lexikon. 2012.