Akademik

Völkermord
Massenmord; Ausrottung; Massenvernichtung; Genozid; Holocaust; Austilgung

* * *

Vọ̈l|ker|mord 〈m. 1Vernichtung od. schwere Schädigung eines Volkes od. einer großen sozialen Gruppe; Sy Genozid

* * *

Vọ̈l|ker|mord, der:
Verbrechen der Vernichtung einer ethnischen Gruppe, einer Volksgruppe, eines Volksstammes o. Ä.; Genozid.

* * *

Völkermord,
 
Genocid, Genozid, Handlungen gegen die Mitglieder einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe, die in der Absicht begangen werden, die Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: Tötung von Mitgliedern der Gruppe; Verursachung von schweren körperlichen oder seelischen Schäden an ihren Mitgliedern; vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere. Der Völkermord ist in der Konvention der Vereinten Nationen vom 9. 12. 1948 zum international geächteten Verbrechen erklärt worden. Allerdings enthält diese Konvention keine eigenen Strafnormen, sondern sie verpflichtet die Signatarstaaten lediglich, bestimmte Handlungen, zu denen auch der Völkermord zählt, unter Strafe zu stellen.
 
In der Bundesrepublik Deutschland ist im Sinne der Konvention durch das Gesetz vom 9. 8. 1954 der § 220 a in das StGB eingefügt worden, der Völkermord mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht. Völkermord verjährt nicht (§ 78 Absatz 2 StGB). - Eine entsprechende Vorschrift enthält auch das österreichische StGB (§ 321). In das schweizerische StGB soll der Straftatbestand des Völkermords erst aufgenommen werden (Art. 264), während die Unverjährbarkeit bereits heute geregelt ist (Art. 75bis).
 
Geschichte:
 
Bereits in Antike und Mittelalter kam es zu teilweisen oder vollständigen Ausrottungen von Völkerschaften, rassischen oder religiösen Gruppen. In der Neuzeit geschah Völkermord im Zusammenhang mit der von Europa ausgehenden Kolonisation an den Indianern Amerikas. Das 20. Jahrhundert kennt Völkermord größten Ausmaßes: Den Völkermord an den Armeniern besonders im und nach dem Ersten Weltkrieg durch die Türkei, die Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen Deutschlands v. a. gegen die Juden (Holocaust), den Völkermord an der Bevölkerung Kambodschas unter dem Terrorregime von Pol Pot (1975-79); aber auch die während des Zweiten Weltkriegs in der Sowjetunion durchgeführten, mit hohen Opfern verbundenen Zwangsdeportationen der Wolgadeutschen, Krimtataren u. a. erfüllen teilweise den Tatbestand des Völkermords Ebenso sind die während des Segregationskrieges um die verschiedenen ethnischen Siedlungsgebiete in Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina (1991-95) erfolgten »ethnischen Säuberungen« v. a. zulasten bosnischer Muslime durch Serben als Völkermord einzustufen. Ein internationales Strafgericht zur Verfolgung des Völkermords im ehemaligen Jugoslawien wurde 1993, zur Untersuchung des Völkermords in Ruanda, dem schätzungsweise eine Million Tutsi und Hutu zum Opfer fielen, 1994 eingerichtet (Kriegsverbrechertribunal). Am 17. 7. 1998 wurde in Rom durch eine Staatenkonferenz der Vereinten Nationen das Statut eines Internationalen Strafgerichtshofes (International Criminal Court, Abkürzung ICC) verabschiedet, das in Kraft treten wird, wenn es von 60 Staaten ratifiziert worden ist. Der ICC mit seinem künftigen Sitz in Den Haag soll aus 18 Richtern bestehen und u. a. Verbrechen des Völkermords verfolgen und ahnden.
 
Literatur:
 
H.-H. Jescheck: Die internat. Genocidium-Konvention vom 9. Dezember 1948 u. die Lehre vom Völkerstrafrecht, in: Ztschr. für die gesamte Strafrechts-Wiss., Bd. 66 (1954); K. Jaspers: Die Schuldfrage. Für V. gibt es keine Verjährung (1979);
 P. C. Campbell: § 220 a StGB - Der richtige Weg zur Verhütung u. Bestrafung von Genozid? (1986);
 R. J. Lifton u. E. Markusen: Die Psychologie des V. (a. d. Amerikan., 1992);
 Y. Ternon: Der verbrecher. Staat. V. im 20. Jh. (a. d. Frz., 1996);
 C. P. Scherrer: Ethnisierung u. V. in Zentralafrika. Genozid in Rwanda, Bürgerkrieg in Burundi u. die Rolle der Weltgemeinschaft (1997);
 
Genozid u. Moderne, hg. v. M. Dabag u. K. Platt, auf 2 Bde. ber. (1998 ff.).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Jugoslawien: Bürgerkrieg
 

* * *

Vọ̈l|ker|mord, der: Verbrechen der Vernichtung einer ethnischen Gruppe, einer Volksgruppe, eines Volksstammes o. Ä.; Genozid: Der V. an den Juden jedoch ist beispiellos in der Geschichte (R. v. Weizsäcker, Deutschland 18); Am 20. Mai 1975 gab Pol Pot Befehl zur „Eliminierung der Klassen“ und damit grünes Licht für den größten V. der Nachkriegsgeschichte (Weltwoche 17. 5. 84, 9).

Universal-Lexikon. 2012.