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Manessische Handschrift
Manẹssische Handschrift,
 
Große Heidelberger Liederhandschrift, größte und schönste der mittelhochdeutschen Liederhandschriften. Sie enthält auf 425 großformatigen Pergamentblättern in 38 Lagen 140 Gedichtsammlungen, die von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis etwa 1300 zu datieren sind. Eröffnet wird die Manessische Handschrift mit Gedichten Kaiser Heinrichs VI., es folgen Sammlungen mehrerer Könige, Markgrafen, Herzöge, Grafen usw. Während die Dichter am Anfang der Handschrift hierarchisch geordnet sind, spielen danach auch landschaftliche und chronologische Kriterien für die Reihung eine Rolle. Die umfangreichsten Einzelsammlungen gehören Walther von der Vogelweide (etwa 450 Strophen), Ulrich von Lichtenstein (etwa 310 Strophen), Reinmar dem Alten (etwa 260 Strophen), Neidhart von Reuental (etwa 290 Strophen) und J. Hadloub (etwa 240 Strophen). Ein beträchtlicher Teil der Strophen ist nur hier überliefert. Die 137 ganzseitigen, jeder Gedichtsammlung vorangestellten Miniaturen, an denen mindestens vier Illuminatoren gearbeitet haben, bieten zeittypische Idealbildnisse der Dichter, meist mit Wappen. - Entstanden ist die Manessische Handschrift in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, wohl in Zürich, mutmaßlich auf Grundlage einer Sammlung von Liederbüchern, die der Züricher Patrizier Rüdiger Manesse (✝ 1304) anlegen ließ. 1607 kam die Handschrift nach Heidelberg in den Besitz Kurfürst Friedrichs IV. von der Pfalz, spätestens 1656 nach Paris, von wo sie 1888 im Tausch gegen französische Handschriften und gegen eine hohe Geldsumme nach Heidelberg zurückkehrte. Nach ihrem Aufenthaltsort in Paris wird die Manessische Handschrift auch Pariser Handschrift genannt. In der Minnesangphilologie wurde die Manessische Handschrift (Sigle C) textkritisch meist geringer gewertet als die Kleine Heidelberger Liederhandschrift. Erst in neuerer Zeit wird ihr Wert für eine historisch fundierte Erfassung der Geschichte des Minnesangs gesehen.
 
Ausgaben: Die Manessische Handschrift, bearbeitet von R. Sillib u. a., 2 Bände (1927-29); Die Große Heidelberger Manesische Liederhandschrift, herausgegeben von Ulrich Müller (1971); Die Große Heidelberger Liederhandschrift Codex Manesse in getreuem Textabdruck, herausgegeben von F. Pfaff (21984).
 
Literatur:
 
E. Jammers: Das Königl. Buch des dt. Minnesangs (1965);
 H.-E. Renk: Der Manessekreis, seine Dichter u. die M. H. (1974);
 H. Kuhn: Die Voraussetzungen für die Entstehung der Großen Heidelberger Liederhandschrift u. ihre überlieferungsgeschichtl. Bedeutung, in: H. Kuhn: Liebe u. Gesellschaft (1980);
 K. Clausberg: Die Maness. Liederhandschrift (21988);
 
Codex Manesse, hg. v. E. Mittler u. a., Ausst.-Kat. (1988);
 
Codex Manesse. Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift, hg. v. I. F. Walther (1988).
 

Universal-Lexikon. 2012.