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Joachim von Fiore
Joachim von Fiore,
 
Joachim von Floris, italienischer Theologe und Ordensgründer, * Celico (bei Cosenza) um 1130, ✝ San Giovanni in Fiore (bei Cosenza) 1202; zunächst Zisterzienser, gründete um 1190 einen eigenen Orden (Florenser, Floriazenser; im späten 16. Jahrhundert wieder mit den Zisterziensern vereinigt). Theologisch einflussreich war seine apokalyptische Geschichtsdeutung. Den Verlauf der Menschheitsgeschichte sah er als Aufeinanderfolge dreier Reiche oder Zeitalter: Nach der alttestamentlichen »Zeit des Vatergottes« und der neutestamentlichen, in Jesus Christus angebrochenen »Zeit des Sohnes« mit der »Kirche des Petrus«, deren Ende Joachim für das Jahr 1260 voraussagte, erwartete er als Drittes Reich die »Zeit des Geistes« mit der »Kirche des Johannes«. Diese sah Joachim als eine Mönchskirche, in der das Evangelium ganz erkannt und gelebt wird, als eine Zeit des Friedens, in der die Bergpredigt erfüllt wird und der »Geist der Armut« zum Durchbruch kommt. - Diese Geschichtsdeutung (Joachimitismus, Joachitismus) wurde im späten 13. Jahrhundert von den franziskanischen Spiritualen weitergeführt. Cola di Rienzo deutete den Joachitismus ins Politische um und bereitete so den politischen Messianismus der Neuzeit vor. Die Wirkungsgeschichte lässt sich über G. W. F. Hegel und F. W. J. Schelling bis in die politische Geschichte der Gegenwart nachweisen. (Chiliasmus)
 
Ausgaben: Concordia novi ac veteris testamenti (1519, Nachdruck 1964); Psalterium decem cordarum (1525, Nachdruck 1965); Expositio in apocalypsim (1527, Nachdruck 1964).
 
Literatur:
 
G. Wendelborn: Gott u. Gesch. J. v. F. u. die Hoffnung der Christenheit (Wien 1974);
 H. Grundmann: Ausgew. Aufs. Tl. 2: J. v. F. (1977);
 W. H. J. Schachten: Ordo salutis:. .. Zur Kritik des hl. Thomas von Aquin an J. v. F. (1980).

Universal-Lexikon. 2012.