Schẹl|men|ro|man 〈m. 1; Lit.〉 Form des Abenteuerromans, Roman um die vielfältigen Erlebnisse eines Schelms, oft verbunden mit satir. Gesellschaftskritik, pikaresker Roman
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Schẹl|men|ro|man, der (Literaturwiss.):
Roman (bes. des 16. u. 17. Jh.s), dessen Held sich als Umhergetriebener niederer Abkunft mit allen Mitteln, Listen u. Schlichen durchs Leben schlägt.
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Schelmenroman,
Pịcaroroman, pikarẹsker Roman, pikarischer Roman, aus Spanien stammende Romangattung, Variante des Abenteuerromans; sein Held ist der »pícaro«, der »Schelm«, der vor keiner List und Betrügerei zurückschreckt, um sich durchzuschlagen, der als armer Diener seinem reichen Herrn überlegen ist, aber dennoch meist den Kürzeren zieht. Bevorzugt in der Ichform erzählt, trägt der Schelmenroman häufig satirische und sozialkritische Züge. Erstes Werk der Gattung war der 1554 anonym veröffentlichte Roman »La vida de Lazarillo de Tormes. ..«; es folgten in Spanien u. a. »Guzmán de Alfarache« (2 Teile, 1599-1604) von M. Alemán, M. de Cervantes Saavedras Novelle »Rinconete y Cortadillo« (1613) und die »Historia de la vida del Buscón« (1626) von F. Gómez de Quevedo y Villegas; das spanische Vorbild beeinflusste früh die englische Literatur mit T. Nashes »The unfortunate traveller« (1594). In der deutschen Barockliteratur bildete der Schelmenroman den Gegenpol zum heroisch-galanten Roman. Mit A. Albertinus' »Der Landzstörtzer Gusman von Alfarache« (1615) erschien zunächst die Bearbeitung einer spanischen Vorlage; in J. J. C. von Grimmelshausens »Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch« (1669), dem bedeutendsten deutschen Roman des 17. Jahrhundert überhaupt, erreichte er seinen künstlerischen Höhepunkt. Weitere deutsche Schelmenromane stammen von J. Beer und C. Reuter. Der französische Schelmenroman, gleichfalls spanischen Mustern folgend, zeichnete ein stark satirisches Gesellschaftsbild (C. Sorel, »La vraye histoire comique de Francion«, 7 Bücher, 1623, später erweitert; weiterhin A. R. Lesage, »Histoire de Gil Blas de Santillane«, 4 Bände, 1715-35). - Charakteristische Sichtweise und epische Struktur des Schelmenromans wurden im 19. Jahrhundert eher selten verwendet (Beispiele bieten Mendele Mojcher Sforims »Fischke der krumer«, 1869, und Mark Twains »Adventures of Huckleberry Finn«, 1884); produktiv wurde die Gattung wieder im 20. Jahrhundert, so in J. Hašeks Schwejk-Romanen (»Osudy dobrého vojáka Švejka za světové války«, 4 Bände, 1921-23), in »Tortilla flat« (1935) von J. Steinbeck, T. Manns »Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull« (1954) und E. Strittmatters »Der Wundertäter« (3 Bände, 1957-80). In neuerer Zeit tragen v. a. die Werke der jüdisch-amerikanischen Romanautoren (u. a. S. Bellow, B. Malamud, P. Roth und der Kanadier M. Richler) Züge des nun in die urbane Lebenswelt verlegten Schelmenromans, dessen tragikomische Protagonisten den Komplikationen des modernen Alltags ausgeliefert sind.
Pikar. Welt. Schr. zum europ. S., hg. v. H. Heidenreich (1969);
Der dt. S. im europ. Kontext. Rezeption, Interpretation, Bibliogr., hg. v. G. Hoffmeister (Amsterdam 1987);
M. Bauer: Der S. (1994);
H.-V. Gretschel: Die Figur des Schelms im dt. Roman nach 1945 (1993);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Schelmenroman: Landstreicher und Glücksritter
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Schẹl|men|ro|man, der (Literaturw.): Roman (bes. des 16. u. 17. Jh.s), dessen Held sich als Umhergetriebener niederer Abkunft mit allen Mitteln, Listen u. Schlichen durchs Leben schlägt; pikarischer Roman.
Universal-Lexikon. 2012.