Ka|me|ra|lịs|mus 〈m.; -; unz.; früher〉
1. Lehre von der landesfürstlichen Verwaltung, die Rechtswissenschaft, Verwaltungs- u. Wirtschaftslehre (besonders Finanzlehre) umfasste
2. 〈Bez. für〉 Wirtschaftswissenschaften während des Merkantilismus (im deutschsprachigen Raum)
[→ Kameralia]
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Kameralịsmus
[zu mittellateinisch cameralius »Kämmerer«] der, -, alle Bereiche der öffentlichen Verwaltung (»Polizeiwissenschaft«) umfassende praktische Lehre in der Zeit des Absolutismus (17. und 18. Jahrhundert) unter besonderer Berücksichtigung der landesfürstlichen Finanzwirtschaft. Der Kameralismus, der als deutsche Richtung des Merkantilismus bezeichnet werden kann, erstrebte hohe Staatseinkünfte und Autarkie, v. a. indirekt durch planmäßige Förderung der Wirtschaft (landwirtschaftliche Musterbetriebe, Gründung staatlicher Manufakturen u. a.). Für die Kameralwissenschaften wurden 1727 in Halle (Saale) und Frankfurt (Oder) die ersten Lehrstühle errichtet. Bedeutendste Vertreter (Kameralisten) waren J. J. Becher, Philipp Wilhelm von Hornigk (* um 1640, ✝ 1714), V. L. von Seckendorff, J. H. G. von Justi, J. von Sonnenfels. Sie gelten u. a. als Vorläufer der Finanzwissenschaft, wobei Verwaltungslehre und Regierungs-Wissenschaft mehr im Vordergrund standen als die Untersuchung wirtschaftlicher Zusammenhänge. Als ökonomische Lehrmeinung wurde der Kameralismus vom Physiokratismus und der klassischen Nationalökonomie abgelöst. - Als Bezeichnung für die Wissenschaft von Wirtschaft und Finanzpolitik hielt sich der Begriff Kameralwissenschaften in Deutschland bis in die 1930er-Jahre.
E. Dittrich: Die dt. u. österr. Kameralisten (1974);
J. Brückner: Staatswiss.en, K. u. Naturrecht. Ein Beitr. zur Gesch. der polit. Wiss. im Dtl. des späten 17. u. frühen 18. Jh. (1977).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Merkantilismus und Kameralismus: Der Staat als Unternehmer
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Ka|me|ra|lịs|mus, der; -: Staats- u. Volkswirtschaftslehre in Deutschland vom 16. bis zum 18. Jh.
Universal-Lexikon. 2012.