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Jugendkultur
Ju|gend|kul|tur 〈f. 20; unz.〉 Gesamtheit der kulturellen u. unterhaltenden Aktivitäten u. Ausdrucksformen, die charakteristisch für Jugendliche sind ● viele verstehen Graffiti als einen Ausdruck der \Jugendkultur; viele neue \Jugendkulturen stammen aus den USA

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Ju|gend|kul|tur, die:
von der Jugend getragene Subkultur.

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Jugendkultur,
 
Der Begriff Jugendkultur schließt an G. A. Wyneken und die Jugenddiskussion der 1920er-Jahre an und betrachtet Jugend im Rahmen der Kultursoziologie (R. Williams) unter dem Aspekt, inwieweit sich Einstellungen, Verhaltensweisen, Lebensentwürfe, Kommunikationsformen, Symbolbildungen, Selbstdarstellungen und Konfliktpotenziale Jugendlicher als eigenständige kulturelle Praxis auffassen lassen.
 
Von diesem Ansatz ausgehend, sieht die Jugendkulturforschung (Jugend) Jugendkultur als einen »Teilmarkt«, Subkultur und »potenzielle Gegenkultur« (H. Hartwig), fragt nach ihrer Abhängigkeit von dominierenden Kulturen, ebenso aber auch nach ihrem Innovationscharakter sowie nach der Bedeutung von Jugendkultur für die Aneignung sozialer, historischer und ökonomischer Strukturen, mit denen Jugendliche in Familie, Gleichaltrigengruppen (Peergroups), sozialer Schicht usw. konfrontiert sind. Als Ursache für das Entstehen einer eigenständigen Jugendkultur werden neben den Veränderungen der Industriegesellschaften im Allgemeinen besonders das Vorbild der amerikanischen Jugend nach dem Zweiten Weltkrieg (Beatgeneration; J. Kerouac u. a.) angesehen und die inzwischen weltweite Verbreitung der Popkultur (Popular Culture) sowie die wachsende ökonomische Bedeutung der Jugendlichen als Konsumträger, in der sie zum Teil Leitbildfunktion auch für die Erwachsenenwelt übernommen haben. Die Jugendkultur der 1990er-Jahre, geprägt v. a. durch Techno und die Verweigerungskultur (»Generation X«; Douglas Coupland,* 1961), lässt sich als vergleichsweise visionslos beschreiben: »Junge Leute schaffen Kultur in einer Welt, in der alle Erfahrungen schon gemacht worden sind« (Klaus Janke/Stefan Niehues). Die Distanzierungsversuche gegenüber den Erwachsenen gestalten sich als schwierig, da die Gesellschaft Provokationen gegenüber toleranter geworden ist. Massenmedien, Werbung und Freizeitindustrie greifen Trends auf, funktionalisieren und verbreiten sie - auch international - in sehr kurzer Zeit. So kommt es zu einer Entwertung der Symbole, die Abgrenzung (auch von anderen Jugendlichen oder Gruppen/Szenen) erschwert. Die Jugend in den 90er-Jahren unterliegt einer permanenten Reizüberflutung, was z. B. in einem Boom der Extremsportarten und in exzessivem Nachtleben (so genannte Raveparties) vieler Jugendlicher zum Ausdruck kommt. Jugendkultur ist kaum noch überschaubar, sie ist schnelllebiger, vielfältiger und unverbindlicher als jemals zuvor. So korrespondiert die Jugendkultur der 90er-Jahre mit den Differenzierungstendenzen innerhalb der Gesamtgesellschaft beziehungsweise übernimmt zum Teil Avantgardefunktion. Die junge Generation steht beispielsweise dem technologischen Wandel aufgeschlossen gegenüber und ist so vielfach zum Träger von Innovationen geworden.
 
Literatur:
 
G. Wyneken: Der Kampf für die Jugend (21920);
 W. Hoffmann: Die Reifezeit (31930);
 R. Williams: Gesellschaftstheorie als Begriffsgesch. Studien zur histor. Semantik von »Kultur« (a. d. Engl., 1972);
 H. Hartwig: J. Ästhet. Praxis in der Pubertät (1980);
 D. Baacke: Jugend u. Jugendkulturen (21993);
 K. Janke u. S. Niehues: Echt abgedreht. Die Jugend der 90er Jahre (41996);
 K. Farin: generation-kick.de. Jugendsubkulturen heute (2001).

Universal-Lexikon. 2012.