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Säuberung
Säu|be|rung ['zɔy̮bərʊŋ], die; -, -en:
1. das Saubermachen:
die Säuberung des Schwimmbeckens.
Syn.: Reinigung.
2. (verhüll.) das Säubern (2); das Ausschalten von ungewünschten Personen oder Personengruppen:
die Säuberung der Partei; einer Säuberung zum Opfer fallen.

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Säu|be|rung 〈f. 20
1. das Entfernen von Schmutz, Reinigung
2. 〈fig.; umg.〉 Entfernung von missliebigen od. störenden Personen (aus einer Partei, Regierung, Truppe usw.)

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Säu|be|rung, die; -, -en:
1. [mhd. sūberunge] das Säubern (1).
2. das Säubern (2):
einer S. zum Opfer fallen;
ethnische S. (verhüll.; planmäßige Eliminierung einer od. mehrerer ethnischer Gruppen durch Vertreibung, verbrecherische Militäraktionen, Mord u. Ä.)

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Säuberung,
 
in autoritären oder diktatorischen Regierungssystemen die Entfernung politisch missliebiger Personen in großer Zahl aus leitenden, aber auch nachgeordneten Stellen in Staat und Gesellschaft; ein Disziplinierungsmittel, das die politische Unterordnung unter den Willen der herrschenden Gruppe erzwingen soll (z. B. im Rahmen einer Einparteienherrschaft oder einer Militärdiktatur). In totalitären Staaten wurden die Säuberungen zu einer Form des Staatsterrors (z. B. in faschistischen oder kommunistischen Regierungssystemen) und gipfelten häufig in Schauprozessen.
 
Geschichte:
 
Zu Säuberungen kam es in Frankreich zur Zeit der Schreckensherrschaft der Jakobiner (1792-95) sowie im Deutschen Bund während der Demagogenverfolgung (1819). Im 20. Jahrhundert instrumentalisierte der Nationalsozialismus in Deutschland (1933-45) die politische Säuberung als ein wesentliches Mittel zur Durchsetzung seiner rassistischen Ideologie (z. B. durch die Rassengesetze).
 
(Partei-)Säuberungen oder »Parteiüberprüfungen« dienten besonders kommunistischen Parteiführungen als Mittel zur Durchsetzung der von ihnen bestimmten Parteilinie und zur rigorosen Durchsetzung der Parteidisziplin als Herrschaftsinstrument; mithilfe der (Partei-)Säuberungen sollten vermeintliche oder tatsächlich oppositionelle Strömungen in der Partei erkannt und ausgeschaltet werden (z. B. umfassend in der SED 1948-51 Ausmerzung des »Trotzkismus« beziehungsweise des »Sozialdemokratismus«). Gelangte die KP an die Macht, so wurde das Prinzip der Säuberung im Rahmen der Einparteienherrschaft auch auf den Staat und seine Gesellschaft übertragen (z. B. in der ČSSR nach der Niederwerfung des »Prager Frühlings« 1969/70). - (Partei-)Säuberungen waren ein immanenter Teil des Wandels des Kommunismus von einer radikal-sozialen Bewegung in eine totalitäre, diktatorische Organisationsform (der Gesellschaft). Der Grundsatz der periodischen Säuberung wurde 1920 von der Komintern für alle Mitgliedsparteien für verbindlich erklärt. Auf dem X. Parteitag (1921) ordnete Lenin für die KP Russlands (Bolschewiki) zum ersten Mal eine Mitgliedschaftsüberprüfung an. Stalin entwickelte die Säuberung zu einem Instrument zur Durchsetzung seiner persönlichen Herrschaft über Partei und Staat (Höhepunkt: die Große Tschistka 1935-39). Nach 1945 spielte die Säuberung eine wesentliche Rolle bei der Durchsetzung des sowjetischen Gesellschaftssystems in den späteren Ostblockländern. Im Rahmen der Beschlüsse der Anti-Hitler-Koalition in Jalta und Potsdam (1945) betrieben die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs in Deutschland und Österreich mit unterschiedlichem Akzent die Entnazifizierung im Sinne einer Säuberung von Nationalsozialismus und Militarismus. 1944/45 leiteten auch viele Regierungen der von der deutschen Besatzungsmacht befreiten Länder Säuberungen gegen Kollaborateure ein (Kollaboration). In China löste die Kulturrevolution (1965/66-69) eine Säuberungswelle aus. In verschiedenen anderen Staaten führten politische Umstürze zu Säuberungen (z. B. im Iran nach dem Sturz der Monarchie 1979).
 
Literatur:
 
Polit. S. in Europa, hg. v. K.-D. Henke u. H. Woller (1991);
 
Terror. Stalinist. Parteisäuberungen 1936-1953, hg. v. H. Weber u. U. Mählert (1998).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Sowjetunion: Stalinistischer Staat und Stalins persönliche Diktatur
 
Sowjetunion: Die UdSSR und der Ostblock
 

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Säu|be|rung, die; -, -en [1: mhd. sūberunge]: 1. das Säubern (1): die S. des Schwimmbeckens. 2. das Säubern (2): die S. des Landes von Feinden; die S. der Partei; Ihr Vater ..., der in die Sowjetunion emigriert war und sogar die -en überlebt hatte, war von der NKWD verhaftet worden (Leonhard, Revolution 105); einer S. zum Opfer fallen; Die von den großserbischen Strategen ... forcierten Terroraktionen der „ethnischen Säuberung“ (verhüll.; der planmäßigen Eliminierung bestimmter ethnischer Gruppen durch Vertreibung, verbrecherische Militäraktionen, Mord u. andere Gräueltaten) lassen die Flüchtlingsströme weiter anschwellen (Spiegel 31, 1992, 20).

Universal-Lexikon. 2012.