Verteilungsfunktion,
1) statistische Mechanik: Phasenraumdichte, eine Gesamtheit von Teilchen (z. B. Gasmoleküle) beschreibende Funktion, die in Abhängigkeit von der Zeit die räumliche und kinetische Verteilung der zugeordneten statistischen Gesamtheit im Phasenraum angibt. Die Verteilungsfunktion repräsentiert die Dynamik und die physikalischen Eigenschaften des betrachteten Vielteilchensystems und kann zur Bestimmung der thermodynamischen Mittelwerte von makroskopischen Messgrößen herangezogen werden (statistische Mechanik). Allgemein wird die Verteilungsfunktion als Funktion f(N) der verallgemeinerten Orts- und Impulskoordinaten qk beziehungsweise pk (k = 1,.. ., N; N Teilchenzahl) im Γ-Raum definiert, deren Bewegungsgleichung die Liouville-Gleichung ist. Dabei ist f(N) (q1,.. ., qN; p1,.. ., pN; t ) d3Nq d3Np als die Wahrscheinlichkeit definiert, dass das System zum Zeitpunkt t eine Phasenraumkonfiguration innerhalb des entsprechenden Phasenraumelements d3Nq d3Np des Γ-Raums erreicht (unter der Normierung, dass das Integral über den ganzen Phasenraum gleich 1 ist). Im μ-Raum, in dem man im Allgemeinen zum Ortsvektor r und zur Geschwindigkeit v als Variablen übergeht, reduziert sich die Verteilungsfunktion auf eine Einteilchenverteilungsfunktion f (r, v, t). Dann ist f (r, v, t ) d3r d3v gleich der Wahrscheinlichkeit, ein Molekül zum Zeitpunkt t im Phasenraumelement d3r d3v des μ-Raums um den Ort r und die Geschwindigkeit v anzutreffen (ebenfalls unter Normierung des Phasenraumintegrals auf 1). Mathematisch wird die Verteilungsfunktion im μ-Raum durch kinetische Gleichungen wie die Boltzmann-Gleichung oder die Planck-Fokker-Gleichung beschrieben; in der Gleichgewichtsstatistik ist sie zeitlich konstant und hängt nur vom Geschwindigkeitsbetrag v ab (maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung). Definitionsgemäß besitzt die Verteilungsfunktion im Γ- beziehungsweise μ-Raum den Charakter einer Wahrscheinlichkeitsdichte im Phasenraum, weshalb sie begrifflich von einer Verteilungsfunktion im Sinne der mathematischen Statistik zu unterscheiden ist. Ihre Verallgemeinerung im Rahmen der Quantenstatistik führt zum Begriff des Dichteoperators. - Einer anderen (äquivalenten) Konvention folgend, wird das Phasenraumintegral auf die Gesamtteilchenzahl N normiert, sodass die obigen Ausdrücke jeweils die wahrscheinlichste Zahl von Teilchen angeben, die im betreffenden Phasenraumelement anzutreffen sind.
2) Wahrscheinlichkeitstheorie: die einer auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, , P) (Wahrscheinlichkeitstheorie) definierten reellen Zufallsvariablen X zugeordnete Funktion
es ist also FX (x) die Wahrscheinlichkeit, mit der X Werte annimmt, die höchstens gleich x sind. Man nennt dann FX auch die Verteilungsfunktion der Verteilung von X. Die Bedeutung der Verteilungsfunktion beruht auf folgenden Eigenschaften: a) Alle Wahrscheinlichkeiten der Form P ({ω ∈ Ω / X (ω) ∈ B}), d. h., die gesamte Verteilung von X, ist bereits durch die Verteilungsfunktion von X festgelegt. Demgemäß lassen sich zahlreiche der in Anwendungen vorkommenden Wahrscheinlichkeiten in einfacher Weise durch die Verteilungsfunktion ausdrücken; z. B. ist P (a X ≦ b) = FX (b) — FX (a) die Wahrscheinlichkeit, mit der X Werte im Intervall [a, b] annimmt. b) Die in der mathematischen Statistik oft vorkommenden Quantile von Prüfgrößen erhält man durch Umkehrung der zugehörigen Verteilungsfunktion.
Ist eine Verteilungsfunktion FX differenzierbar, so ist ihre Ableitung die Dichte von X. Ist die Zufallsvariable X diskret mit der diskreten Dichte fX (ai) mit i = 1, 2,.. ., so gilt
wobei über die Indizes i, für die ai ≦ x gilt, summiert wird. Eine Funktion F auf ℝ ist genau dann die Verteilungsfunktion einer reellen Zufallsvariablen, falls F monoton wachsend und rechtsseitig stetig ist und falls
gilt. Man nennt dann F eine Verteilungsfunktion (ohne Bezug auf eine bestimmte Zufallsvariable).
Universal-Lexikon. 2012.