Süßstoffe,
Sammelbezeichnung für synthetische und natürliche Verbindungen, die sich durch einen intensiv süßen Geschmack auszeichnen, jedoch (im Gegensatz zu den Zuckern und Zuckeraustauschstoffen) keinen oder nur einen vernachlässigbar geringen Nährwert haben. Die Intensität des süßen Geschmacks wird durch die Süßkraft (früher auch »Süßungswert« oder »Süßwert« genannt) charakterisiert; diese gibt an, um wievielmal stärker süß ein Süßstoff im Vergleich zu Saccharose (Rohrzucker, Rübenzucker) schmeckt, deren Süßkraft gleich 1 gesetzt wird. Die Süßkraft wird ermittelt durch vergleichenden Geschmackstest mit entsprechend verdünnten Süßstofflösungen. - Süßstoffe werden (häufig in Mischungen, bei denen sich eine geschmacksverstärkende Wirkung ergibt) benutzt zum Süßen v. a. von (diätetischen) Lebensmitteln, daneben auch von Arzneimitteln (Überdeckung eines vorhandenen unangenehmen Geschmacks), Futtermitteln und Kosmetika (Zahnpasten, Mundwässer). - Der am längsten bekannte Süßstoff ist das Saccharin (Süßkraft 550) und dessen Natriumsalz (Süßkraft 450). Weitere zurzeit in Deutschland zugelassene Süßstoffe sind Natriumcyclamat (Cyclamate, Süßkraft 30-35), Aspartam (Süßkraft 200), Acesulfam (Süßkraft 200), Neohesperidin DC (Süßkraft 400-600) und Thaumatin (Süßkraft 2 000-3 000). Nicht zugelassen ist z. B. der Süßstoff Ultrasüß. Ein lange bekannter natürlicher Süßstoff ist z. B. das in der Süßholzwurzel enthaltene Glycyrrhizin.
Da das Saccharin und das Natriumcyclamat vor einigen Jahren durch Untersuchungen in den USA (Tierversuche, bei denen Süßstoffe in extrem hoher Überdosierung eingesetzt wurden) in den Verdacht gerieten, Krebs auszulösen, ist man bemüht, neue toxikologisch unbedenkliche Süßstoffe herzustellen oder geeignete Verbindungen in den Reihen der Naturstoffe zu finden. Besonders in tropischen Pflanzen konnten mehrere intensiv süß schmeckende Proteine oder Glykoproteide nachgewiesen werden, z. B. das Monellin, ein in einem afrikanischen Mondsamengewächs (Dioscoreophyllum cumminsii) enthaltenes Protein (Süßkraft 2 000). Als Miraculin wird ein Extrakt aus den Beeren des in Westafrika beheimateten Baums Synsepalum dulcificum bezeichnet, dessen Süßwirkung auf ein Glykoproteid zurückgeht. Ein weiterer Naturstoff ist das Steviosid (Süßkraft 300), ein in den Blättern der südamerikanischen Pflanze Stevia rebaudiana enthaltenes, aus dem Diterpenalkohol Steviol und drei Glucosemolekülen bestehendes Glykosid. Abgewandelte Naturstoffe liegen z. B. bei zwei Süßstoffen vor, die aus den in der Schale von Zitrusfrüchten enthaltenen, bitter schmeckenden Flavonoiden Naringin und Neohesperidin DC durch Hydrieren gewonnen werden.
In Deutschland wird die Anwendung von Süßstoffen durch die Zusatzstoff-Zulassungs-VO vom 29. 1. 1998 geregelt. Von der WHO wurden für den täglichen Verbrauch an Süßstoffen obere Sicherheitsgrenzwerte (ADI-Werte) festgelegt; sie betragen (je kg Körpergewicht) für Saccharin 5 mg, für Cyclamat 11 mg, für Aspartam 40 mg, für Thaumatin nicht spezifiziert, für Acesulfam 15 mg und für Neohesperidin DC 5 mg.
Hb. Süßungsmittel, hg. v. G.-W. von Rymon Lipinski u. a. (1991);
Sweeteners. Discovery, molecular design, and chemoreception, hg. v. D. E. Walters u. a. (Washington, D. C., 1991);
C. M. Merki: Zucker gegen Saccharin. Zur Gesch. der künstl. S. (1993).
Universal-Lexikon. 2012.