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Silikate
Silikate
 
[zu Silicium], Singular Silikat das, -(e)s, Silicate, Salze und Ester der Monokieselsäure, H4SiO4, und ihrer Kondensationsprodukte (Kieselsäuren). Während die organischen Silikate (z. B. die Ester der Mono- und Dikieselsäure) nur synthetisch herstellbare und zum Teil sehr hydrolyseempfindliche Substanzen sind, bilden die anorganischen Silikate, mit Ausnahme der ebenfalls künstlich hergestellten, wasserlöslichen Alkalisilikate (Wasserglas), eine bedeutende Gruppe natürlich vorkommender Silicium-Sauerstoff-Verbindungen, die als natürliche Silikate (Silikatminerale) die wichtigsten Bestandteile der Erdkruste sowie der Steinmeteorite sind. Sie stellen etwa ein Drittel aller Mineralarten und sind mit über 80 % (einschließlich Quarz u. a. Kieselsäuremineralen) am Aufbau der Erdkruste beteiligt. Es werden relativ kieselsäurereiche (felsische, »helle«, »saure«; z. B. die Feldspäte) von relativ kieselsäurearmen (mafischen, »dunklen«, »basischen«; z. B. Olivin, Pyroxene, Amphibole) unterschieden. Silikatminerale enthalten oft Aluminium, das als kationischer Bestandteil in den Aluminiumsilikaten und auch als diadocher Vertreter des Siliciums (bis maximal 1 : 1) in den Alumosilikaten auftreten kann.
 
Der Grundbaustein aller Silikatstrukturen ist das [SiO4]4--Tetraeder, bei dem ein Si4+-Kation von vier O2--Anionen tetraedrisch umgeben ist. Die SiO4-Tetraeder sind in den Kristallgittern sehr verschiedenartig angeordnet und werden durch geeignete Kationen abgesättigt und untereinander zusammengehalten. Meist treten noch zusätzliche »tetraederfremde« Anionen und/oder Radikale auf. Nach dem Bau der Kristallgitter unterscheidet man:
 
Inselsilikate (Nesosilikate): Selbstständige (inselartige) Tetraeder sind durch Kationen verbunden (z. B. Olivin, Zirkon, Granat, Topas).
 
Gruppensilikate (Sorosilikate): Es treten zwei Tetraeder über eine gemeinsame Ecke zu einem Doppeltetraeder inversionssymmetrisch (z. B. Thortveitit) oder spiegelungssymmetrisch (z. B. Akermanit) zusammen.
 
Ringsilikate (Cyclosilikate): Mehrere Tetraeder bilden selbstständige »Dreierringe«, »Viererringe« (beide selten) oder »Sechserringe« (z. B. Beryll, Turmalin). Solche Anordnungen kommen auch als Doppelringe vor.
 
Fasersilikate (Inosilikate): Es gibt 1) Kettensilikate: Die über ein gemeinsames O2--Anion verbundenen Tetraeder bilden eine unendliche Kette, praktisch Polymere des Ions SiO2-3 (Metasilikate). Im Kristallgitter liegen diese durch Kationen verbundenen Ketten parallel zueinander (z. B. Pyroxene, Rhodonit); 2) Bändersilikate: spiegelsymmetrische Vereinigungen zweier Ketten zu Doppelketten oder »Bändern« (z. B. Amphibole).
 
Schichtsilikate (Netzsilikate, Blattsilikate, Phyllosilikate): Die Tetraeder sind ringförmig angeordnet (Vierer-, Sechserring) und bilden zweidimensionale, unendliche, ebene Vernetzungen. Die einzelnen Ebenen, in denen Silicium meist zum Teil durch Aluminium ersetzt ist und deren freie Tetraederspitzen (freie Valenzen) stets in die gleiche Richtung weisen, sind durch eine Kationenschicht (oft mit zusätzlichen Anionen, z. B. OH-Gruppen) abgesättigt (Zweischichtstrukturen; z. B. Kaolinit, Serpentin), oder es sind zwei solcher Ebenen, deren freie Tetraederspitzen einander zugekehrt sind, durch eine Kationenschicht verbunden (Dreischichtstrukturen; z. B. Pyrophyllit, Talk, Glimmer). Alle Schichtsilikate besitzen die Eigenschaften der Schichtgitter; zum Teil ist zwischen den abgesättigten Schichtpaketen H2O als Quellungswasser eingelagert (Quellfähigkeit der Tonminerale).
 
Gerüstsilikate (Tektosilikate): Wie beim Quarz ist auch bei dieser Silikatstruktur jedes SiO4-Tetraeder über alle seine O2--Anionen mit den Nachbartetraedern dreidimensional vernetzt. Auf dem diadochen Ersatz von Si4+ durch Al3+ und dem gekoppelten Valenzausgleich durch weitere Kationen beruht die große Zahl der Gerüstsilikate, die fast ausschließlich Alkali- oder Erdalkali-Alumosilikate sind (u. a. Feldspäte, Skapolithe, Zeolithe).
 
Silikate haben große technische und wirtschaftliche Bedeutung, in den Erzlagerstätten nicht nur als Begleiter der Erze, sondern auch als Träger wertvoller Metalle. Außerdem stellen sie viele nichtmetallische Rohstoffe (Asbest, Kaolin, Bentonit, Feldspäte) sowie auch Schmuck- und Edelsteine (Smaragd, Aquamarin, Turmalin, Topas, Rhodonit, Nephrit u. a.). Zahlreiche technische Produkte wie Glas, Porzellan, Steinzeug, Email, Zement u. a. bestehen überwiegend aus Silikaten.
 
Literatur:
 
Silicat-Lex., hg. v. W. Hinz (Berlin-Ost 1985).
 

Universal-Lexikon. 2012.