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Schafe
Schafe,
 
Ovis, Gattung der Böcke, v. a. in den Gebirgen Südeuropas, Asiens und Nordamerikas; in Trupps oder Herden lebende Wiederkäuer mit den Arten Wildschaf (Ovis ammon) und Dickhornschaf. Beide Arten (nach anderer Auffassung gibt es bis zu acht Arten) haben zahlreiche Unterarten. Körperlänge etwa 110-200 cm, Schulterhöhe 65-125 cm (Männchen deutlich größer als Weibchen); ohne Kinnbart, mit flacher Stirn und (im männlichen Geschlecht) oft mächtigen, gewundenen Hörnern. Schafe haben große Augen und können sehr gut sehen. In Europa lebt das Mufflon. Die größte Unterart ist der Argali (Riesenwildschaf, Altai-Wildschaf, Ovis ammon ammon) aus den Hochgebirgen Zentralasiens. Der Arkal (Ovis orientalis arcal) kommt in Restbeständen im nordöstlichen Iran vor. Im Hochland von Pamir lebt das Pamirschaf (Marco-Polo-Schaf, Ovis ammon palii); überwiegend graubraun, mit heller Unterseite; Hörner beim Männchen mächtig entwickelt, mit großen Windungen. Das Hausschaf (Ovis ammon aries) stammt vermutlich von verschiedenen Unterarten der Wildschafe ab und wurde seit der frühen Jungsteinzeit domestiziert. Die ältesten europäischen Hausschafrassen waren Torfschaf und Kupferschaf.
 
Die sehr zahlreichen heutigen Schafrassen, die weltweit zur Fleisch-, Woll-, Pelz-, Milch-, Käse- und Fettgewinnung gezüchtet werden, kann man nach dem Haarkleid unterteilen in: die noch sehr ursprünglichen, v. a. in Afrika vertretenen Haarschafe (mit kurzer, regelmäßig im Frühjahr und Herbst wechselnder, für die Wollgewinnung ungeeigneter Behaarung aus groben, glatten, meist kurzen Grannenhaaren und feinen, gekräuselten, relativ schwach entwickelten Flaumhaaren; männliche Tiere mit starker Halsmähne); die Wollschafe, die sich in die mischwolligen Schafe (Unterhaar stark verlängert, deutlich vom Oberhaar unterschieden), die schlichtwolligen Schafe (Oberhaar nur noch spurenweise vorhanden und kaum mehr markhaltig) und die reinwolligen Schafe (merinowollige Schafe; nur noch stark entwickelte Unterwolle vorhanden) untergliedern lassen. Zu den mischwolligen Schafen zählen u. a.: Heidschnucke (Heideschafe); die mittel- und ostasiatischen Fettsteißschafe; die in Ostasien, in den Balkanländern und in Afrika verbreiteten Fettschwanzschafe, zu denen auch das Karakulschaf gehört; das in zahlreichen Schlägen auf Gebirgsweiden in Südosteuropa und Südrussland anzutreffende Zackelschaf (männliche Tiere mit langen, geraden, in sich schraubig gedrehten Hörnern oder auch hörnerlos) und das von diesem abstammende süddeutsche Zaupelschaf (v. a. in Gebirgsgegenden Bayerns).
 
Die schlichtwolligen Schafe sind in Deutschland v. a. durch folgende Rassen vertreten: Deutsches Schwarzköpfiges Fleischschaf; v. a. in Norddeutschland und im Rheinland; Gewicht etwa 65 kg beziehungsweise (Böcke) 120 kg; weiß, Kopf und Beine schwarz, Lämmer ganz schwarz. Deutsches Weißköpfiges Fleischschaf; v. a. in Holstein, Oldenburg und Mecklenburg; meist in kleinbäuerlichen Betrieben mit Einzelschafhaltung; Gewicht etwa 100 kg beziehungsweise 150 kg. Leineschaf: relativ groß, weiß- und langköpfig, hörnerlos. Rhönschaf: hörnerlos; Rumpf weiß, Gesicht und Ohren schwarz; Gewicht etwa 50-55 kg beziehungsweise 80-100 kg. Bergamasker Schaf: mit Hängeohren und ungehörnt; ein typisches Gebirgsschaf. Marschschaf: an der Nordseeküste; u. a. das rein weiße, hörnerlose Ostfriesische Milchschaf (Milchleistung jährlich 550-700 kg), das auch in Sachsen, im Rheinland und in Westfalen gehalten wird. Zu den reinwolligen Schafen gehören die Vertreter der Rassengruppe Merinoschafe (Merino). - Aus Frankreich ist das zum Teil hornlose Rambouilletschaf bekannt, das wegen seiner Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit und Hitze heute bevorzugt in den Trockengebieten der USA (v. a. als Fleischschaf) gehalten wird. - Aus Neuseeland kommt das heute v. a. in Nord- und Südamerika verbreitete Corriedaleschaf.
 
Die genügsamen, an Klima, Gelände und Futter äußerst anpassungsfähigen Hausschafen lassen sich auf der Weide durch Hütehunde leicht in größeren Herden zusammenhalten (wichtig v. a. für die Wanderschäferei, Transhumanz). Sie werden etwa alle 2-3 Wochen für etwa 24-36 Stunden brünstig; die Tragzeit beträgt gewöhnlich 150 Tage, nach denen 1-3 Lämmer geworfen werden. Hausschafe werden durchschnittlich 8-10 Jahre alt. - Die Schafschur wird in Deutschland bei der Vollschur (Jahresschur) im April bis Mai, bei der Halbschur zusätzlich im Herbst durchgeführt.
 
Wirtschaftliches:
 
Der Weltbestand an Schafen beläuft sich (1996) auf 1,048 Mrd. Die bedeutendsten Schafzuchtländer sind (1996) China (127,3 Mio.), Australien (126,3 Mio.), Iran (51,5 Mio.), Neuseeland (48,8 Mio.) und Indien (45,4 Mio.). Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EG) weist Großbritannien den größten Schafbestand auf (1996: 28,8 Mio.). Demgegenüber beträgt der Bestand in Deutschland (1996) nur 2,44 Mio. - Die Produktion von Schaffleisch zeigt in Asien steigende, in Europa sinkende Tendenz. In der EG wurden (1996) mit 1,052 Mio. t rd. 6 % weniger als im Durchschnitt der Jahre 1989-91, in Deutschland (1996) mit 41 000 t vergleichsweise rd. 13 % weniger erzeugt.
 
Kulturgeschichte:
 
Neben dem Haushund und der Hausziege gehört das Hausschaf zu den ältesten Haustieren. Noch vor der vollständigen Entwicklung des Ackerbaus ist es in den Steppengebieten Südwestasiens domestiziert worden. Die ältesten Funde stammen aus dem Irak (9000 v. Chr.); von dort aus gelangte es etwa um 5000 v. Chr. über Persien und Mesopotamien in drei großen Wellen nach Spanien und Mitteleuropa. Es waren domestizierte Arkale und Rassen, die über den Mittelmeerraum und Balkan in das Gebiet nördlich der Alpen kamen.
 
Literatur:
 
H. Behrens u. a.: Lb. der S.-Zucht (61983);
 G. Dobos: Zeitgemäße Schafhaltung (Graz 21994).

Universal-Lexikon. 2012.