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Karl der Kühne von Burgund
Karl der Kühne von Burgund
 
Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts hatte sich das Herzogtum Burgund mit der Hauptstadt Dijon von Frankreich gelöst. In den nächsten Jahrzehnten erbten die burgundischen Herzöge weitere Gebiete an der Grenze zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich, insbesondere die Freigrafschaft Burgund um Besançon und große Teile der Niederlande (in dem Dreieck zwischen Luxemburg, Flandern und Holland), die im 15. Jahrhundert zu den ökonomisch und kulturell bestentwickelten Regionen gehörten. Eine Besonderheit der burgundischen Territorien lag in der lehnsrechtlichen Stellung begründet, da sie teilweise unter der Lehnshoheit des Kaisers und teilweise unter der des französischen Königs standen.
 
Karl der Kühne von Burgund (1465/67-1477) versuchte, sein Herzogtum zu einem zusammenhängenden Gebiet zwischen Frankreich und dem Reich auszubauen. Zu Beginn seiner Herrschaft erwarb er die Pfandschaft über das Oberelsass und eroberte das Stift und die Stadt Lüttich sowie das Herzogtum Geldern. Um seine unter unterschiedlichen Lehnshoheiten stehenden Territorien zu einem geschlossenen Staat zusammenfügen zu können, bemühte sich Karl der Kühne um die Königswürde. 1473 traf er sich zu diesem Zweck mit Kaiser Friedrich III. in Trier. Der Kaiser taktierte, da er sich eine Ehe zwischen seinem Sohn Maximilian und Maria, der einzigen Tochter Karls, erhoffte. Diese Pläne scheiterten.
 
Um die Lücken in seinem Herrschaftsgebiet zu schließen, wandte sich Karl nun gegen Lothringen und gegen die Eidgenossenschaft mit der Absicht, Savoyen zu gewinnen. Er überrannte Lothringen und nahm dessen Hauptstadt Nancy ein. Große Schwierigkeiten hatte er aber mit den Eidgenossen, deren Infanterie seinem Ritterheer in der Schlacht bei Murten eine vernichtende Niederlage bereitete. Auch Lothringen drohte wieder verloren zu gehen. Bei dem Versuch, Nancy erneut zu gewinnen, kam es 1477 zu einer Schlacht, in der Karl der Kühne fiel. Nach dem Tod Karls entbrannte ein Ringen um das burgundische Erbe. Frankreich und die rebellierenden niederländischen Stände brachten seine Tochter in Bedrängnis. Zur Rettung ihres Erbes vermählte sich Maria mit dem künftigen deutschen Kaiser Maximilian. Bei der endgültigen Beilegung der Auseinandersetzungen 1493 fiel das Herzogtum als französisches Lehen zurück an Frankreich, die anderen Teile des burgundischen Erbes aber an Maximilian und damit an das Haus Habsburg. Damit war der über zwei Jahr hunderte andauernde Konflikt zwischen Frankreich und Habsburg angelegt.
 
Burgund setzte in mehreren Beziehungen in ganz Europa Maßstäbe. Die Verwaltung der burgundischen Lande war vorbildlich; glei ches gilt für den glanzvollen burgundischen Hof, seine Mode und seine Musik.

Universal-Lexikon. 2012.