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historische Erzählung
historische Erzählung,
 
kürzere Prosa-, seltener Versdichtung, deren Handlung auf historische Figuren und Ereignisse zurückgreift. Anders als beim historischen Roman finden sich Ansätze der historischen Erzählung bereits in der antiken Literatur, so in den historiographischen beziehungsweise biographischen Werken von Herodot, Livius, Sueton, Cornelius Nepos und Plutarch. Auch in der mittelalterlichen Historiographie gibt es anekdotenhafte Einschübe, die Merkmale der historischen Erzählung zeigen (Einhard, Geoffrey of Monmouth), ähnlich in den volkstümlichen Überlieferungen Bispel und Schwank. Mit der Ausbildung der Novelle in der Renaissance erhielt die historische Erzählung meist diese strenge Form: die berühmten Sammlungen von G. Boccaccio, M. Bandello und G. Chaucer enthalten Novellen mit historischem Hintergrund, ähnlich die spanischen Romanzen. — Parallel zur Ausbildung des modernen Geschichtsbewusstseins im 18. und des historischen Romans zu Beginn des 19. Jahrhunderts änderte sich auch das Grundmuster der historischen Erzählung (beziehungsweise der historischen Novelle); die Autoren nutzten die Geschichte nicht mehr nur als Staffage, sondern bemühten sich um historisch wahrscheinliche Darstellung der Charaktere und Zusammenhänge. Beispiele bedeutender historischer Erzählungen der deutschsprachigen Literatur bieten u. a. H. von Kleist, C. Brentano, L. Tieck, E. T. A. Hoffmann, J. Gotthelf, G. Keller, C. F. Meyer, T. Storm, W. Raabe, im 20. Jahrhundert u. a. S. Andres, Gertrud von Le Fort, J. Wassermann, S. Zweig, S. Heym. Eine deutsche Sonderform ist die chronikalische Erzählung.
 
Literatur: historischer Roman.

Universal-Lexikon. 2012.