Hethiterreich
Das Volk der Hethiter - auch Chatti oder Hatti genannt -, das eine indogermanische Sprache besaß, war auf bisher nicht bekanntem Weg nach Kleinasien eingewandert und seit dem 19. Jahrhundert v. Chr. in Kappadokien, der im Norden vom Schwarzen Meer und im Süden vom Taurus-Gebirge begrenzten Landschaft Kleinasiens, ansässig. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts stand Kappadokien unter ihrer Herrschaft, und von hier aus gewannen sie allmählich die Oberherrschaft über die lokalen Fürstentümer Anatoliens.
König Anitta von Kussara unternahm im 18. Jahrhundert einen Eroberungszug von Kanesch, dem heutigen Kültepe bei Kayseri, zur Stadt Hattusa (etwa 150 km östlich von Ankara), die er völlig zerstörte. Über 100 Jahre später trat Tutchalija I. als erster Hethiterkönig in Erscheinung. König Hattusili I. (auch Labarna I., ca. 1590-60) machte Hattusa um 1570 zur neuen Hauptstadt der Hethiter und schuf von hier aus das Alte Reich, das er durch Kriegszüge nach Süden bis zum Euphrat und bis vor Chalap (Aleppo) in Nordwestsyrien ausdehnte.
Hattusilis Enkel Mursili I., der von etwa 1560 bis 1531/30 regierte, eroberte Chalap und sogar Babylon (1531), womit er dessen 1. Dynastie ein Ende setzte und den Kassiten dort zur Herrschaft verhalf. Mursilis Ermordung nach seiner Rückkehr zog dynastische Probleme nach sich, die das Hethiterreich wohl auch für das folgende Jahrhundert auf einen Kernbereich in Anatolien zusammenschrumpfen ließen. Tutchalija II. - möglicherweise aus einer neuen Dynastie - schuf um 1400 mit erfolgreichen Feldzügen nach Syrien die Grundlagen für eine Erneuerung der Macht, auf denen Suppiluliuma I. (etwa 1370 bis 1335) das Neue Reich errichten konnte: mit der Konsolidierung der Situation in Anatolien, durch mehrjährige Feldzüge in den Süden, indem er um 1350 das Mitanni-Reich der Churriter in Nordmesopotamien zerstörte und dadurch, dass er unter Ausnutzung der außenpolitischen Untätigkeit Ägyptens syrische, bislang unter ägyptischem Einfluss stehende Kleinfürstentümer durch Vasallenverträge an sich band.
Nachdem sein Sohn Mursili II. (ca. 1330-1295) durch Kriegszüge und Vertragserneuerungen die Grenzen des Reiches hatte sichern können, kam es unter seinem Nachfolger zum offenen Konflikt mit Ägypten um Syrien. Die Entscheidungsschlacht bei Kadesch am Orontes 1285 brachte keinen klaren Sieg für die Hethiter unter Muwatalli (ca. 1295-82), doch im Friedensvertrag von 1270 mit Ramses II. von Ägypten erreichte Hattusili III. (ca. 1270-50) eine Abgrenzung der beiden Machtsphären in Nordsyrien.
Das immer mächtiger werdende Assyrien übte nun aber - insbesondere nach dem Untergang des Restreiches der Churriter - zunehmenden Druck auf Nordmesopotamien und Nordsyrien aus und gefährdete die Vormachtstellung der Hethiter unter Hattusilis III. Sohn Tutchalija IV. (ca. 1250-25). In der Folgezeit geriet das Hethiterreich aufgrund von Missernten und allmählicher Entvölkerung in wachsende Schwierigkeiten. Das Neue Reich zerbrach schließlich mit dem Tod Suppiluliumas II. um 1200 wohl in einer Schlacht gegen die Seevölker.
Universal-Lexikon. 2012.