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Handelskompanien
Handelskompani|en,
 
Bezeichnung für die Handelsgesellschaften, die mit Monopolen, Privilegien und staatliche Unterstützungen (Territorialhoheitsrechten) besonders im Zeitalter des Merkantilismus den Überseehandel beherrschten und zur Kolonisierung zahlreicher außereuropäischer Gebiete beitrugen.
 
Handelskompanien gehen im Kern auf die aus Selbsthilfe entstandenen kaufmännischen Organisationen (Genossenschaften, Gilden, Hansen) der Fernhändler des 10. und 11. Jahrhunderts zurück; die Händler erstrebten neben Schutzfunktionen auf ihren Reisen auch Handelsprivilegien an fremden Orten. Die sich weiterentwickelnden Organisationen, die besonders den Handel mit entfernten Ländern (seit dem Zeitalter der Entdeckungen den Überseehandel) betrieben, wurden seit dem 16. Jahrhundert vom Staat geschützt und unterstützt. Gegen finanzielle Abgaben an den Staatshaushalt gestatteten zahlreiche Staaten ihren Handelskompanien die Anwendung politischer Machtmittel: Bewaffnung der Handelsschiffe, Anlage von Forts, Befestigung der Faktoreien, Ausübung der Münz- und Gerichtshoheit, das Recht, Verträge und Bündnisse zu schließen, Anwendung militärischer Gewalt u. a. Bei den sich zunächst ausbildenden regulierten Gesellschaften wie den Merchant Adventurers wurde nur die Reise gemeinsam unternommen, während jeder Beteiligte seine Geschäfte auf eigene Rechnung betrieb. Seit dem 17. Jahrhundert bürgerte sich die gemeinsame Geschäftsbetätigung (Joint stock company) ein, indem aus Anteilen der Mitglieder ein Gesellschaftskapital gebildet wurde, das aber nur für ein bestimmtes einzelnes Unternehmen und damit nur auf begrenzte Zeit bestand. Im 18. Jahrhundert wurde die Handelskompanien eine Dauerorganisation, für die ein Kapitalfonds von den Mitgliedern durch Einlagen nach Anteilen (in den Quellen part, portion, partie genannt) aufgebracht wurde, der dauernd und fortlaufend dem geschäftlichen Unternehmen zur Verfügung stand. Diese Handelskompanien können in gewisser Hinsicht als die ersten eigentlichen Aktiengesellschaften angesehen werden.
 
In England entstanden die ersten Handelskompanien; Vorläuferin war bereits die im Zusammenhang mit den Entdeckungsfahrten gegründete regulierte Gesellschaft der Merchant Adventurers, aus der sich die späteren Joint stock companies entwickelten (u. a. die 1553/55 entstandene Muscovy Company für den Russlandhandel). Die bedeutendsten englischen Handelskompanien waren die Ostindische Kompanie (gegründet 1600), die besonders den Handel mit Indien betrieb, ferner die 1670 gegründete und privilegierte Hudson's Bay Company, die das Handels- und Jagdmonopol für die Gegend der Hudsonbai und -straße besaß und besonders Pelzhandel betrieb. Weitere britische Handelskompanien waren die Britisch-Afrikanischen Handelskompanien, die 1663 für den ausschließlichen Handel mit der westafrikanischen Küste privilegiert wurde, und die 1711 privilegierte Südseekompanie, die im Sklavenhandel eine große Rolle spielte.
 
In den Niederlanden bildete sich, durch den Staat gefördert, nach einigen Vorläufern 1602 die Vereinigte Ostindische Kompanie, die ihre Macht bis China und Japan ausdehnen konnte. Daneben entstand 1621 die Westindische Kompanie mit gleichen Rechten für die westafrikanische Küste, für ganz Amerika und die Inseln des Pazifischen Ozeans.
 
In Frankreich erlangten größere Bedeutung und längeren Bestand nur die Ost- und die Westindische Kompanie, beide gegründet 1664. Die Kompanien für Nordamerika (Kanada), Afrika (Madagaskar) und die nördlichen Meere hatten geringe Erfolge, da die Kaufleute den privaten Handel vorzogen.
 
In Österreich wurde die Ostendekompanie (gegründet 1719) trotz guter Erfolge von Kaiser Karl VI. 1731 aufgelöst, um die Zustimmung Großbritanniens zur Pragmatischen Sanktion zu erlangen.
 
In Preußen kam es nach einem vorübergehenden Plan des Grossen Kurfürsten, eine Brandenburgisch-Ostindische Kompanie zu errichten, zur Gründung mehrerer Handelskompanien (Brandenburgisch-Afrikanische Handelskompanie, 1682-1720; Asiatische Kompanie, 1745-65; Levantinische Handelskompanie, 1763 gegründet; Heringsfischereikompanie, 1765-98, und a). Bedeutsam war nur, und zwar als staatliches Bankinstitut, die 1772 gegründete Seehandlung. Ende des 19. Jahrhunderts wurden zum Teil nach Art der älteren Handelskompanien Kolonialgesellschaften geschaffen.
 

Universal-Lexikon. 2012.