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Condillac
Condillac
 
[kɔ̃di'jak], Étienne Bonnot de, französischer Philosoph und Volkswirtschaftler, * Grenoble 30. 9. 1714, ✝ Flux (bei Beaugency) 3. 8. 1780; 1740 zum Priester geweiht, widmete sich philosophischen Studien; befreundet mit J.-J. Rousseau und D. Diderot; war 1758-67 Erzieher des künftigen Herzogs von Parma, Ferdinand I.; 1758 Aufnahme in die Académie française. Condillac vertrat in Anlehnung an J. Locke im Rahmen der französischen Aufklärung einen nichtmaterialistischen Sensualismus. Anders als Locke, der neben der Erfahrung die Reflexion (»innerer Sinn«) als Quelle der Erkenntnis annahm, führte Condillac alle Erkenntnisinhalte und ebenso die Entstehung der geistigen Fähigkeiten auf die Sinneswahrnehmung zurück. Am Beispiel einer beseelt vorgestellten Marmorstatue zeigt Condillac, wie das allmähliche In-Funktion-Treten der einzelnen Sinne, ausgehend von der Geruchswahrnehmung bis hin zum Tasten, Empfindungen hervorbringt (»Traité des sensations«, 1754; deutsch »Abhandlung über die Empfindungen«). Diese sind nach Condillac von Lust- und Unlustempfindungen begleitet, die ihrerseits zu weiterer Tätigkeit anregen, und bewirken die geistigen Vermögen (Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Urteils- und Schlussvermögen) und Kenntnisse. Gleichwohl hielt Condillac die Seele für immateriell und betonte die Willensfreiheit. - Die Sprache sah Condillac als ein System von Zeichen für zugrunde liegende psychische Zustände an. - In der Wirtschaftstheorie ging er über die Physiokraten hinaus, indem er »Wert« nicht als eine absolute Eigenschaft von Gegenständen, sondern von ihrer Eignung zum Gebrauch, ihrer Nützlichkeit, abhängig definierte.
 
Weitere Werke: Essai zur l'origine des connaissances humaines (1746; deutsch Versuch von dem Ursprung der menschlichen Erkenntniß); Traité des systèmes (1749); Le commerce et le gouvernement considérés relativement l'un à l'autre, 2 Bände (1776; Nachdruck 1968).
 
Ausgaben: Œuvres, herausgegeben von G. Arnoux und Mousnier, 23 Bände (1798); Œuvres complètes, herausgegeben von A. F. Théry, 16 Bände (1821/22; Nachdruck 1970, 8 Bände); Œuvres philosophiques, herausgegeben von G. Le Roy, 3 Bände (1947-51).
 
Literatur:
 
G. Le Roy: La psychologie de C. (Paris 1937);
 R. Lefevre: C., ou La joie de vivre (ebd. 1966);
 I. F. Knight: The geometric spirit. The Abbé de C. and the French Enlightenment (New Haven, Conn., 1968);
 A. Lebeau: C., économiste (Neuausg. New York 1970);
 
C. et les problèmes du langage, hg. v. J. Sgard (Paris 1981);
 J. Derrida: Die Archäologie des Frivolen (a. d. Frz., 1993).
 

Universal-Lexikon. 2012.