bulgarisch-orthọdoxe Kirche,
die autokephale orthodoxe Kirche Bulgariens; ihr Oberhaupt führt den Titel »Metropolit von Sofia und Patriarch von ganz Bulgarien«. Sitz des Patriarchen ist Sofia; liturgische Sprache Kirchenslawisch. Ausbildungsstätten sind die Theologische Fakultät der Universität Sofia und das Priesterseminar im Kloster Tscherepisch. Neben den elf Metropolien (Bistümern) in Bulgarien bestehen Metropolien in New York (für die USA, Kanada und Australien) und (seit 1993) in Berlin (für Mittel- und Westeuropa). Die Zahl der bulgarisch-orthodoxen Christen wird auf etwa 6 Mio. geschätzt.
Ende des 3. Jahrhunderts begann das Christentum im Gebiet des heutigen Bulgarien (Mösien, Zentrum: Durostorum [Silistra]; Thrakien) Fuß zu fassen; im 8. Jahrhundert fand es, v. a. über christliche Sklaven und oströmische Söldner vermittelt, Eingang unter der slawischen Bevölkerung, im 9. Jahrhundert auch am Hof des bulgarischen Khans. (865 Annahme des Christentums durch Khan Boris I.). Die darauf folgende systematische Missionstätigkeit durch Schüler des Methodios, v. a. durch Klemens (✝ 916), legte den Grund für eine eigene nationalkirchliche (bulgarische) Identität, die für das Selbstverständnis der bulgarisch-orthodoxen Kirche bestimmend wurde. Zunächst als autonomes Erzbistum (seit 870) dem Patriarchen von Konstantinopel unterstehend, kam es unter Zar Simeon I., dem Großen, (893-927) zur Errichtung des ersten, von Byzanz unabhängigen bulgarischen Patriarchats (919) mit Sitz in Preslaw, ab 980 Ohrid; nach der Eroberung Bulgariens durch Byzanz (1018) gingen dessen Rechte an das nun griechische Erzbistum Ohrid (1767 aufgehoben) über. Das zweite bulgarische Patriarchat mit Sitz in (Weliko) Tarnowo wurde 1204 errichtet und 1235 durch alle orthodoxen Patriarchen bestätigt. Nach der osmanischen Eroberung Bulgariens (1393-96) unterstand die bulgarische Kirche wiederum der kirchlichen Jurisdiktion Konstantinopels; bis 1878 war sie das Zentrum des nationalen Selbstbehauptungs- und Widerstandswillens der Bulgaren. Ein Erlass des Sultans führte 1870 zur Gewährung der kirchlichen Autonomie im Rahmen eines bulgarischen Exarchats. Die in der Folge angestrebte volle kirchliche Unabhängigkeit (Autokephalie) der bulgarisch-orthodoxen Kirche wurde durch das Ökumenische Patriarchat 1945 anerkannt. Oberhaupt der bulgarisch-orthodoxen Kirche ist seit 1971 Patriarch Maxim (* 1914). Seit 1990 sind der Patriarch und ein Teil des Episkopats unter den Vorwürfen einer zu großen Nähe zum früheren kommunistischen Staat und des mangelnden Willens zur geistlichen Erneuerung der Kirche einer wachsenden öffentlichen Kritik und Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Im gleichen Jahr schlossen sich Geistliche und Laien zu einer Bewegung zusammen, die eine grundlegende innere Erneuerung der bulgarisch-orthodoxen Kirche anstrebt. Nachdem die staatliche Direktion für religiöse Angelegenheiten die Wahl Maxims unter Hinweis auf formale Fehler im März 1992 für nicht rechtmäßig erklärt hatte, spalteten sich drei der insgesamt elf Metropoliten der bulgarisch-orthodoxen Kirche vom Heiligen Synod ab und bestimmten den Metropoliten von Newrokop (Ostrumelien) Pimen (✝ 1999) zum Nachfolger Maxims, ohne dass dieser zurückgetreten war, was faktisch zum Schisma in der bulgarisch-orthodoxen Kirche führte. 1998 konnte dieses, v. a. durch Vermittlung des Ökumenischen Patriarchen, beigelegt werden, brach jedoch im Frühjahr 2000 erneut auf.
Universal-Lexikon. 2012.