Begabungsreserven,
Bildungsreserven, im Rahmen der Bildungsökonomie und Bildungsplanung v. a. der 1960er-Jahre geprägter Sammelbegriff für diejenigen Personen, die trotz ausreichender Intelligenz, Leistungsbereitschaft und -fähigkeit keine weiterführenden Schulen und darauf aufbauende berufliche Ausbildungsgänge durchlaufen. Die Mobilisierung der Begabungsreserven in der Bundesrepublik Deutschland wurde einerseits im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Volkswirtschaft und Forschung gefordert, andererseits gesellschaftspolitisch als Schritt zur Verwirklichung optimaler Chancengleichheit gewünscht. Mangelnde Bildungsbereitschaft wurde durch soziokulturell bedingte Bildungsbarrieren erklärt (Bildungsgefälle). Eine breite Bildungswerbung und Ausbildungsförderung sowie der Ausbau des zweiten Bildungsweges und Maßnahmen im Schulsystem wurden in die Wege geleitet. Tatsächlich stieg die Anzahl qualifizierter Bildungsabschlüsse, und zwar nicht nur absolut mit der Zunahme der Geburtenraten, sondern auch relativ im Verhältnis zum Jahrgang. Die dabei geweckten Hoffnungen auf berufliche Karriere haben sich nur teilweise erfüllt, weil viele Abiturienten der starken Jahrgänge (1956-69) keinen Studienplatz und viele Hochschulabsolventen keinen ihrer Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz gefunden haben (akademisches Proletariat).
K. Hüfner u. J. Naumann: Konjunkturen der Bildungspolitik in der Bundesrepublik Dtl., Bd. 1: Der Aufschwung (1960-1967) (1977);
K. Hüfner u. a.: Hochkonjunktur u. Flaute. Bildungspolitik in der Bundesrepublik Dtl. 1967-1980 (1986).
Universal-Lexikon. 2012.