Ọff|shore|tech|nik 〈[-ʃɔ:(r)-] f. 20; unz.〉 Teilgebiet der Technik, das sich mit der Erschließung von Erdöl-, Erdgas- u. Erzlagerstätten im Meer befasst [<engl. off shore „entfernt von der Küste“]
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Ọffshoretechnik
[-ʃɔː-], Offshore-Technik, im weiteren Sinn die Gesamtheit aller zur Prospektion, Exploration und Gewinnung von Rohstoffen aus dem Meer erforderlichen Unternehmungen (Meerestechnik, Meeresbergbau); im engeren Sinn Sammelbegriff für die Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und/oder Erdgas aus dem Meeresboden.
In der ersten Phase umfasst die Offshoretechnik die Lagerstättenerkundung; es folgt die Erschließungsphase, in der von mobilen Bohrplattformen oder -schiffen aus Probebohrungen in das mutmaßliche Feld abgeteuft werden.
Die Hubplattform (Hubinsel, Jack-up), für Wassertiefen bis 100 m, wird als schwimmfähige Plattform (Deck) von Schleppern oder durch Eigenantrieb an die Bohrstelle gebracht. Die hydraulisch absenkbaren Beine stehen beim Bohren auf dem Meeresboden, das Arbeitsdeck liegt etwa 20 m über dem Meeresspiegel. Der Bohrlochkopf befindet sich auf dem Meeresboden oder auf einer vorher eingerammten kleinen Plattform (Well-Protector) über dem Wasser.
Halbtaucher (Semisubmersible) sind ortsbewegliche schwimmende Plattformen, die von Pontons mit vertikalen Säulen und Verstrebungen getragen und meist von Versorgungsschiffen geschleppt werden. Die Lage der Arbeitsplattform über dem Meeresspiegel kann durch Fluten oder Lenzen der Pontons variiert werden. Halbtaucher werden entweder mit 8-10 Ankern oder bei dynamischer Positionierung durch mehrere computergesteuerte Schiffsschrauben über dem Bohrlochkopf gehalten. In letzterem Fall wird die Position mithilfe der Sonar- oder der Satellitenortung ermittelt. Mit Halbtauchern kann man Bohrungen bis zu einer Wassertiefe von 600 m (geankert) oder bis etwa 1 000 m (dynamische Positionierung) niederbringen.
Bohrschiffe sind oft umgebaute Frachtschiffe, die dem Aufschlussbohren in über 1 000 m Wassertiefe dienen. Ihr Vorteil liegt in der besseren Beweglichkeit und höheren Tragfähigkeit, sodass ohne Materialnachschub bis zu zwei Bohrungen niedergebracht werden können. Wegen der sehr viel stärkeren Hubbewegungen ist zur Erzielung eines gleichmäßigen Andrucks des Meißels auf der Bohrlochsohle am Flaschenzug ein hydraulisch-pneumatischer Tauchschwingungskompensator eingebaut. Für den Tiefwasseraufschluss und in Eisberggebieten findet anstelle des Ankerns dynamische Positionierung statt.
Im Gegensatz zu Forschungsbohrungen, bei denen mit »nacktem« Bohrgestänge gearbeitet werden kann, erfordern Suchbohrungen nach Erdöl und Erdgas Steigleitungen (Riser) als sichere Verbindung zwischen Bohrloch und Meeresoberfläche, durch die die Bohrspülung nach unten gepumpt und wieder emporgeleitet werden kann. Zusätzlich ist am Meeresgrund ein Sicherheitsventil (Blow-out-Preventer) anzubringen. Diese Maßnahmen erhöhen mit wachsender Wassertiefe die technischen Probleme bei der Erschließung eines neuen Feldes. Daneben erfordern besondere klimatische und geographische Verhältnisse häufig spezielle Lösungen. So werden als Standorte für Suchbohrungen in der Arktis künstliche Kiesaufschüttungen oder - bei Wassertiefen über 15 m - Eisinseln errichtet, die 1-4 m über den Meeresspiegel ragen und die Arbeitsplattform tragen. Gearbeitet werden kann nur im Winter, wenn Eis als Grundlage für Straßen vorhanden ist. Für weiter von der Küste entfernte Aufschlussbohrungen wurden spezielle Bohrplattformen konzipiert, z. B. eine mit 24 wassergefüllten Tanks am Boden verankerte transportable Konstruktion (CIDS, Abkürzung englisch für concrete island drilling system), deren mittlerer Stahlbetonteil im Inneren wabenförmig aufgebaut ist und so den Widerstand gegen den Eisdruck erhöht. Eine Kombination aus Kiesinsel und CIDS ist die CRI (Abkürzung für englisch caisson retained island), die mit acht riesigen Stahlbehältern (Caissons) als Schutzwall gegen Eisdruck und Wellen auf einer künstlichen Kiesinsel ruht. Während die moderne Bohrtechnik Vorstöße in immer größere Wassertiefen (bis über 2 000 m) zulässt, stellt die dritte Phase, die Gewinnungsphase, größere Anforderungen an die technische Ausstattung und macht individuelle Lösungen erforderlich.
Die klassischen Bohr- und Förderplattformen sind an Land vorgefertigte Stahl- oder Stahlbetonkonstruktionen. Stählerne Förderplattformen (Jackets) werden durch mächtige Stahlstifte (bis zu 100 m Länge) im Meeresboden verankert, ihre Stabilität erhalten sie durch ihr hohes Eigengewicht. Für die Erdöl- beziehungsweise Erdgasförderung aus größeren Wassertiefen (über 500 m) sind andere Fördereinrichtungen notwendig, z. B. verspannte Fördertürme (Guyed Tower) aus Stahl, die durch im Meeresgrund verankerte Stahlseile aufrecht gehalten werden, oder halbtauchende Förderinseln (Tension-Leg-Plattform), die mit Stahltrossen über einen am Meeresboden liegenden Betonklotz oder eingerammte Stahlstifte verankert werden (Wassertiefen bis 2 000 m erreichbar).
Generell werden von der Arbeitsplattform aus im Richtbohrverfahren bis zu 60 Bohrungen abgeteuft und in Produktion genommen. Die Plattform dient auch als Unterkunft für die Besatzung und als Träger für die zur Aufbereitung des Erdöls oder Erdgases benötigten Einrichtungen, z. B. Separatoren für die Trennung von Öl und Gas, Pumpen für Förderung und Transport. Bohrplattformen werden durch spezielle Versorgungsschiffe mit Gütern (u. a. Werkzeuge, Verpflegung) versorgt, Personen werden mit Hubschraubern zum Einsatzort gebracht. Das produzierte Öl wird entweder von Tankern, die auf See aus den Speichertanks der Plattform beladen werden, oder bei größeren Feldern durch wetterunabhängige Pipelines auf dem Meeresboden abtransportiert.
Neben den genannten Konstruktionen, bei denen sich die Bohreinrichtungen auf einer Plattform oberhalb des Wassers befinden, wurden auch Fördereinrichtungen entwickelt, die sich direkt auf dem Meeresboden befinden und dort automatisch überwacht und ferngesteuert werden (Submerged Production Systems). Von den verschiedenen Bohrstellen fließt das Öl zu einer Sammelstelle, von wo es entweder über eine Unterwasserleitung zur Küste oder über eine Steigleitung in einen Tanker gepumpt wird.
Bohr- und Förderplattformen sind für einen langjährigen Einsatz konzipiert. Dies macht auch Instandhaltungs-, Wartungs- und Reparaturtätigkeiten erforderlich. Bis in Tiefen von 600 m ist der Einsatz von Tauchern - allerdings mit großem Aufwand und erheblichem Risiko - möglich, für größere Tiefen oder auch reine Kontrollen werden kleine, unbemannte Unterwasserfahrzeuge (ROV, Abkürzung englisch für remotely operated vehicles) verwendet, die auch bereits bei der Exploration eingesetzt werden. Daneben gibt es auch größere, kabelgeführte, mit optischen Systemen und Manipulatoren ausgerüstete Unterwasserfahrzeuge, mit denen einfache Wartungs- und Montageaufgaben durchgeführt werden können.
Die ersten Bohrgerüste standen bereits 1896 an der Küste Kaliforniens; ab 1914 begann die Erschließung des Mene-Grande-Feldes im venezolanischen Maracaibosee. Die ersten Erdölbohrungen außerhalb der Küstenzone begannen Anfang der 1940er-Jahre im Golf von Mexiko, wo man erstmals am 14. 11. 1947 fündig wurde. Die erste Bohrplattform stand allerdings in einer Wassertiefe von nur 6 m.
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Off|shore|tech|nik, die <o. Pl.>: Gesamtheit von Maßnahmen, Einrichtungen u. Verfahren, die der Exploration u. Gewinnung von Erdöl, Erdgas aus dem Meeresboden dienen.
Universal-Lexikon. 2012.