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Gestaltpsychologie
Ge|stạlt|psy|cho|lo|gie 〈f. 19; unz.〉 Richtung der Psychologie, die im Unterschied zur bisherigen Auffassung von den einzelnen Elementen des Seelenlebens die Denk-, Willens-, Gefühlsvorgänge als Ganzheit, als gestaltetes Ganzes betrachtet

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Gestaltpsychologie,
 
eine psychologische Richtung, die 1912 von M. Wertheimer begründet wurde. Wegbereitend war C. von Ehrenfels, der mit seinem Aufsatz »Über Gestaltqualitäten« (1890) den Begriff der Gestalt in die Psychologie eingeführt hatte (Gestaltqualität). Die bedeutendsten Vertreter der Gestaltpsychologie waren W. Köhler, K. Koffka, K. Lewin (Berliner Schule), fortgeführt wurde die Gestaltpsychologie u. a. durch W. Metzger. Gegen eine Zergliederung psychischen Geschehens in Elemente (Elementenpsychologie), z. B. Erlebniseinheiten, und die Assoziationspsychologie gewendet, konzentriert sich die Gestaltpsychologie auf die Erforschung der als Welt unmittelbar vorgefundenen gestalthaften Gegebenheiten (der Eigenschaften, Bildungsgesetze, Gliederungsverhältnisse von Gestalten). Die Gestalt wird als eine Ganzheit (systemtheoretisch ein topologisches »Feld«) angesehen, deren Teile sich gegenseitig bedingen und in Wechselbeziehung zueinander stehen. Von anderen ganzheitspsychologischen Richtungen unterscheidet sich die Gestaltpsychologie durch ihren umfassenden methodischen Ansatz, der sich sowohl auf das Experiment als auch auf die ganzheitliche und die phänomenologische Vorgehensweise stützt. Die Gestaltpsychologie ging zunächst von wahrnehmungspsychologischen Untersuchungen aus, in denen sich Gestalten am einfachsten bestimmen lassen; die meisten Gestaltgesetze wurden in Untersuchungen zur Figurbildung und zum Figur-Grund-Verhältnis abgeleitet. Eine Erweiterung erfuhr die Gestaltpsychologie durch die Einbeziehung besonders des neurophysiologischen Geschehens (W. Köhler), die zu der grundlegenden Annahme führte, dass zwischen phänomenalen Gegebenheiten und den entsprechenden physiologischen Prozessen eine ganzheitlich-strukturelle Entsprechung bestehe (psychophysische Isomorphie, »Gestaltgleichheit«). Die am Beispiel der Wahrnehmung gewonnenen Grundlagen wurden allmählich auf alle anderen Bereiche der Psychologie, z. B. Persönlichkeits- und Sozialpsychologie, übertragen sowie auch therapeutisch nutzbar gemacht.
 
Literatur:
 
M. Wertheimer: Drei Abhh. zur Gestalttheorie (1925, Nachdr. 1967);
 K. Koffka: Principles of gestalt psychology (Neuausg. London 1962);
 W. Köhler: Die Aufgabe der G. (a. d. Engl., 1971);
 W. Metzger: Gesetze des Sehens (31975).

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Ge|stạlt|psy|cho|lo|gie, die: psychologische Forschungsrichtung, nach der Erleben u. Verhalten sich in Ganzheiten vollziehen: die von der G. für die Wahrnehmung nachgewiesene „Prägnanztendenz“ (Gehlen, Zeitalter 48).

Universal-Lexikon. 2012.