Tuwinen,
Tuwa, Tuba, Urjanchai, Sojoten, Turkvolk in Südsibirien, etwa 235 000 Angehörige, davon 207 000 in Russland (fast alle in der Republik Tuwinien), weitere siedeln im Westen und Norden der Mongolei, teilweise auch im chinesischen Teil des Altai. Die Tuwinen waren früher Jäger und nomadischer Rentierzüchter, heute wird erweiterte Viehzucht und auch Ackerbau betrieben. An der Ethnogenese der Tuwinen waren neben türkischen Stämmen auch turkisierte Mongolen, Samojeden und Keten beteiligt, andererseits wurden zahlreiche Tuwinen von Burjaten, Chakassen, Tofalaren und in neuerer Zeit Russen assimiliert. Seit dem 17. Jahrhundert breitete sich unter den Tuwinen der Lamaismus aus, daneben blieb der Schamanismus lebendig.
Die Sprache der Tuwinen (Tuwinisch, Tuwisch, früher auch Sojotisch, Sojonisch, Urjanchaisch) gehört zum südsibirischen Zweig der Nordostgruppe der Turksprachen und hat einige altertümliche Züge bewahrt. Eng verwandt ist die Sprache der Tofalaren. Eine Schriftsprache wurde seit 1930 entwickelt und zunächst mit Lateinschrift, ab 1941 mit kyrillischer Schrift geschrieben. Zuvor existierte ein geringfügiges mongolisches Regionalschrifttum. Die Volksdichtung enthält neben alten türkischen Überlieferungen auch mongolische Einflüsse. Die »Erzählung vom edlen Helden Keser« ist eine Variante des tibetisch-mongolischen Geser-Khan-Epos. Zu den führenden Autoren der sowjetischen Periode gehört der Erzähler Saltschak Toka (* 1901, ✝ 1973).
H. W. Brands: Nachrevolutionäre Literaturen sibir. Türkvölker, in: Ztschr. der Dt. Morgenländ. Gesellschaft, Bd. 113 (1964); G. Doerfer in: Philologiae Turcicae Fundamenta, hg. v. J. Deny, Bd. 2 (1965);
Tuwin. Volksmärchen, hg. v. E. Taube (Berlin-Ost 1978);
K. H. Menges in: Philologiae Turcicae Fundamenta, hg. v. J. Deny u. a., Bd. 1 (1959);
E. R. Tenišev: Tuvinsko-russkij slovar' (Moskau 1968);
Universal-Lexikon. 2012.