Sunniten,
die größere der beiden Hauptrichtungen des Islam, etwa 90 % der Muslime umfassend. Die Sunniten verstehen sich als die islamische Orthodoxie und erkannten im Gegensatz zu den Schiiten auch die Kalifen als rechtmäßige Nachfolger Mohammeds an, die nicht seiner Nachkommenschaft entstammten (erstmals mit Moawija I.). Die Grundlage ihrer Glaubens- und Pflichtenlehre bilden der Koran, die Sunna, die übereinstimmenden Meinungen der vier ersten Kalifen und die aus diesen Quellen abgeleitete Urteilsbildung. Auf diesen Grundlagen entwickelten sich vom 7.-10. Jahrhundert vier bis heute maßgebliche sunnitische Rechtsschulen, die der Malikiten, Hanefiten, Hanbaliten und Schafiiten, deren Lehrmeinungen in theologischen und politischen Fragen maßgeblich sind (islamisches Recht). Zur Verbreitung der sunnitischen Glaubensrichtung haben im 9. und 10. Jahrhundert auch theologisch-dogmatische Schulen, die Mutasiliten und Aschariten, beigetragen, die sich auf Übersetzungen griechischer Philosophen und eine dogmatische und rationale Rechtfertigung sunnitischen Glaubens gegen Andersgläubige stützten; hinzu kommen Einflüsse philosophischer Denker wie al-Kindi, Alfarabi, Ibn Ruschd (Averroes) und Ibn Sina (Avicenna). Angesichts der Stagnation der islamischen Welt ab dem Ende des 13. Jahrhunderts und zunehmender Einflüsse europäischer Zivilisationsprozesse entstanden im 19. und 20 Jahrhundert politisch organisierte sunnitische Erneuerungsbewegungen, wie die Wahhabiten in Saudi-Arabien, die Mahdisten (Mahdi) in Sudan, die Muslimbruderschaft in Ägypten und eine Reihe kleiner Splitterparteien.
W. A. Watt u. A. T. Welch: Der Islam, Bd. 2: Polit. Entwicklung u. theolog. Konzepte (a. d. Engl., 1985);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Sunniten und Schiiten
Universal-Lexikon. 2012.