Samkhya
[Sanskrit] das, -(s), ältestes indisches philosophisches System, das vielleicht schon um 700 oder 550 v. Chr. bestand und das geistige und religiöse Leben stark beeinflusst hat. Da fast die gesamte alte Literatur verloren ging, sind die Informationen über Aufkommen und Entwicklung der Lehren, über den Stifter Kapila sowie bedeutende ältere Vertreter und Schulen nur bruchstückhafte. Das einzige erhaltene selbstständige Werk des klassischen Samkhya sind die etwa 70 Merkverse umfassenden »Samkhyakarika« des Ishvarakrishna (5. Jahrhundert n. Chr.). Laut dem antiritualistischen, einen Schöpfergott leugnenden Samkhya sind die unendlich vielen Seelen und die eine Urmaterie, beides ewig und allgegenwärtig, Grundlage des Weltgeschehens. Grundlage des Samkhya bildet ein ursprünglicher Dualismus von Natur (Materie) und Geist. Das Wesen der völlig untätigen Seele (purusha) ist reine Geistigkeit, die ungeistige Materie (prakriti) Ursprung aller Dinge. Die drei »Eigenschaften« oder »Konstituenten« (guna) der unendlichen feinen Urmaterie - »Güte« (sattva), »Leidenschaft« (rajas) und »Finsternis« (tamas) - stehen ursprünglich im Gleichgewicht. Durch Störung dieses Gleichgewichts im Interesse der zu erlösenden Seelen entfaltet sich die sichtbare Welt, wobei gemäß der Kausalitätstheorie des Samkhya die Wirkung bereits in der Ursache vorhanden ist. Es entstehen der Reihe nach die Wesenheiten »Erkennen«, »Ichbewusstsein« und aus Letzterem einerseits das »Denken«, die fünf »Sinnes-« und die fünf »Tatvermögen«, andererseits die fünf feinstoffliche »Reinstoffe«, aus denen die fünf »großen Elemente« entspringen. Diese Evolutionstheorie ist eingebettet in ein zyklisches Modell der Weltdeutung (periodische Aufeinanderfolge von Weltentstehungen und Weltvernichtungen). - Der Mensch besteht aus einem groben und einem feinen Körper mit dem psychischen Organismus, der auch der Träger der Seelenwanderung während einer Weltperiode ist. Die Bindung der Seele an die Materie beruht auf einem Irrtum: Indem die Seele sich mit dem »Erkennen« verwechselt, bezieht sie alles auf sich, was in Wirklichkeit nur diesem angehört. Die Erlösung besteht in der durch Schlussfolgerung gewonnenen Einsicht, dass das »Erkennen« von der Seele verschieden ist. (indische Philosophie)
Universal-Lexikon. 2012.