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Origenes
Origenes,
 
griechisch Origẹnes, griechischer Theologe und Philosoph, * Alexandria um 185, ✝ Tyros 254; Kirchenschriftsteller; entstammte einer christlichen Familie. Nach dem Märtyrertod seines Vaters (202) war er zunächst Grammatiklehrer; die finanzielle Unterstützung einer alexandrinischen Christin ermöglichte ihm philosophische und theologische Studien bei Ammonios Sakkas (Neuplatonismus) und an der alexandrinischen Katechetenschule. Bereits in jungen Jahren durch Bischof Demetrios (* um 189, ✝ 231) zu ihrem Leiter ernannt, lehrte Origenes dort in der Tradition der von Klemens von Alexandria begründeten alexandrinischen Theologie, die in ihm ihren bedeutensten Vertreter fand. Origenes führte ein streng asketisches Leben, das er bis ins Extrem steigerte, indem er sich (nach Eusebios von Caesarea) in Missdeutung von Matthäus 19, 12 selbst entmannte. Um 212 unternahm er Reisen nach Arabien, Palästina und Rom. Wegen Differenzen mit Bischof Demetrios aus der alexandrinischen Kirche ausgeschlossen, eröffnete er 232 eine eigene Schule in Caesarea Palaestinae. Er starb an den Folgen der Folterungen, die er während der Christenverfolgung erlitten hatte.
 
Seine philosophische Bildung ermöglichte es ihm, in seinem Hauptwerk »Peri archon« (lateinisch »De principiis«, entstanden zwischen 220 und 230) erstmals eine systematische Darstellung des christlichen Gedankenguts mit hellenistischer Sprache und Begrifflichkeit zu verbinden. Seiner Denkstruktur nach christlicher Neuplatoniker, bemühte er sich, den christlichen Glauben als rational und verantwortbar und als der Philosophie überlegen zu erweisen. Die Trinitätslehre des Origenes ist streng subordinatianisch: Aus Gott, dem absoluten, unveränderlichen Einen, gehen von Ewigkeit her der abbildliche Logos und der Geist hervor. Die präexistenten Seelen der Menschen (außer der Seele Jesu) geraten durch einen vorzeitigen Sündenfall auf die Erde. Die Seele hat jedoch wie die gesamte gefallene Schöpfung durch die Verbindung des göttlichen Logos mit der menschlichen Seele Jesu in der Menschwerdung eine positive Perspektive; denn der Abstieg des Logos findet seine Entsprechung im Aufsteigen des Menschen zu Gott durch Tugend und Askese. Dem Bösen gesteht Origenes letztlich keine dauerhafte Existenz zu: Am Ende steht die Auferstehung aller (Apokatastasis) bis hin zur Rückführung der Teufel in das Reich Gottes. Die asketisch-idealistische Spiritualität des Origenes beeinflusste besonders das östliche Mönchtum und die Mystik.
 
Bei den Schriften des Origenes, von denen nur ein Bruchteil erhalten ist (die Hälfte davon in lateinischer Übersetzung), handelt es sich v. a. um Kommentare und Homilien zur Heiligen Schrift. Theologie- und kirchengeschichtlich von Bedeutung sind neben »Peri archon« v. a. die Hexapla und die Apologie gegen den Philosophen Celsus. Als Exeget hat Origenes mit der Unterscheidung eines dreifachen Schriftsinns die altkirchliche Schriftdeutung wesentlich beeinflusst.
 
Die Rezeption und Wirkungsgeschichte der Lehre des Origenes (Origenismus) führten in den folgenden Jahrhunderten zu heftigen theologischen Auseinandersetzungen. Nach seinem Tod wurde die Schultradition in Caesarea Palaestinae zunächst von Pamphilos, dann von Eusebios von Caesarea fortgesetzt und beeinflusste nahezu die gesamte Theologie des griechischen Ostens vom 3. bis 5. Jahrhundert. Im Gegensatz zur unbehinderten Verbreitung der Exegese und Spiritualität des Origenes lösten seine Metaphysik und Trinitätslehre, besonders seine Vorstellung von der Präexistenz der Seelen, der allgemeinen Auferstehung, der Pluralität der Schöpfungswelten und der Ewigkeit der Materie, die origenistischen Streitigkeiten aus: Als im 4. Jahrhundert namhafte Theologen wie Hieronymus die Rehabilitierung des ehemals exkommunizierten Origenes betrieben, erreichte der Metropolit von Zypern Epiphanios angesichts von Auseinandersetzungen unter den Mönchen Ägyptens die Verurteilung des Origenes (399). Als im 6. Jahrhundert Mönche Palästinas erneute Anklage wegen derselben Inhalte erhoben, ließ Kaiser Justinian I. häretische Lehren aus den Werken des Origenes zusammenstellen und auf einer Synode in Konstantinopel (543) verurteilen. Sie wurden nachträglich den Akten des 2. Konzils von Konstantinopel (553) hinzugefügt und somit allgemein verworfen. Diese Verurteilungen haben sich auf die Überlieferung des literarischen Werks des Origenes nachhaltig ausgewirkt; es ist weitgehend nur noch fragmentarisch erhalten.
 
Ausgabe: Vier Bücher von den Prinzipien, herausgegeben von H. Görgemanns u. a. (31992).
 
Literatur:
 
P. Nautin: Origène. Sa vie et son œuvre (Paris 1977);
 W. A. Bienert: Dionysius von Alexandrien. Zur Frage des Origenismus im 3. Jh. (1978);
 U. Berner: O. (1981);
 R. Sträuli: O., der Diamantene (Zürich 1987);
 L. Lies: O' »Peri archon«. Eine undogmat. Dogmatik. Einf. u. Erläuterung (1992).
 

Universal-Lexikon. 2012.