Medea,
griechisch Mẹdeia, griechischer Mythos: die zauberkundige Tochter des Königs Aietes in Kolchis. Sie half Iason, das Goldene Vlies zu gewinnen, und entfloh mit ihm und den Argonauten nach Iolkos; dort vollzog sie in Iasons Auftrag die Rache an Pelias, der Iason von der Herrschaft ausschließen wollte. Sie forderte Pelias' Töchter auf, den Vater zu töten und zu zerstückeln und dann in einem Zauberbad zu kochen, dem er verjüngt entsteigen würde; zum Beweis ihrer Künste verjüngte sie auf diese Art einen Widder in ein Lamm. Die Peliaden töteten den Vater, ohne dass Medea ihren Verjüngungszauber wirken ließ. Medea und Iason mussten Iolkos verlassen und gelangten nach Korinth. Dort verstieß Iason Medea wegen Kreusa, der Tochter des dortigen Königs; sie tötete die Nebenbuhlerin mit dem Hochzeitskleid, das sich beim Anziehen entzündete; die Korinther (nach Euripides M. selbst) ermordeten daraufhin Medeas und Iasons Kinder. Medea floh zu König Aigeus von Athen und wurde dessen Gattin; sie musste aber mit ihrem und des Aigeus Sohn Medos erneut fliehen, da sie dem Sohn des Aigeus, Theseus, nach dem Leben trachtete; in Asien wurde sie zur Stammmutter der Meder. - In der Medeasage dürfte eine ursprünglich thessalische Göttin, die der Hekate nahe stand, mit einer korinthischen verschmolzen sein.
Darstellungen der Medea auf griechischen Vasen und Reliefs, römischen Wandbildern und Sarkophagen der Kaiserzeit zeigen sie bei der Erringung des Goldenen Vlieses, bei der Tötung des Riesen Talos, im Drachenwagen oder mit den Töchtern des Pelias am Kessel (»Peliadenrelief« nach einem griechischen Original des 5. Jahrhunderts v. Chr.; Rom, Vatikanisch Sammlungen). Die Kunst der Neuzeit wählte v. a. das Motiv der rasenden Medea, die ihre Kinder tötet (P. Veronese, N. Poussin, E. Delacroix, A. Feuerbach).
Von den dichterischen Fassungen der Medeasage in der Antike sind nur die Dramen des Euripides (431 v. Chr.) und Senecas des Jüngeren überliefert, die in der europäischen Literatur Vorbild für eine Reihe bedeutender Medeadramen waren. Entgegen den älteren Dramatisierungen (P. Corneille, 1635; H. B. de Longepierre, 1694; F. W. Gotter, 1775) rückt in den späteren Tragödien der Kindermord in den Mittelpunkt, so u. a. bei F. M. Klinger (»Medea in Korinth«, 1786), F. Grillparzer (»Medea«, als Teil der Dramentrilogie »Das goldene Vließ«, 1822), H. H. Jahnn (1926), Maxwell Anderson (»The wingless victory«, 1936), J. R. Jeffers (1946), J. Anouilh (1946), F. T. Csokor (»Medea postbellica«, 1947) und C. Alvaro (»Lunga notte di Medea«, 1949). Zu L. Cherubinis Oper »Médée« (1797) schrieb François-Benoît Hoffmann (* 1760, ✝ 1820) das Libretto. Eine Korrektur des überkommenen Bildes der Kindermörderin unternimmt Christa Wolf in ihrem Roman »Medea Stimmen« (1996).
Universal-Lexikon. 2012.