Akademik

Klages
Klages,
 
1) Helmut, Soziologe, * Nürnberg 15. 4. 1930; 1964-74 Professor an der TU Berlin, seit 1975 an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, befasst sich u. a. mit den sozialen Phänomenen des Berufswechsels und des Berufswandels sowie mit Fragen der nachbarschaftlichen Kommunikation, zeitweilig auch der Marxismusforschung zugewandt; darüber hinaus Untersuchungen zum Wandel von Staatsverständnis und -handeln sowie zum Entstehen von Unruhepotenzialen in modernen Gesellschaften.
 
Werke: Geschichte der Soziologie (1969); Die unruhige Gesellschaft (1975); Wertedynamik (1988); Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition (1991; mit H.-J. Hippler und W. Herbert).
 
Herausgeber: Wertwandel und gesellschaftlicher Wandel (1979; mit P. Kmieciak).
 
 2) Ludwig, Philosoph und Psychologe, * Hannover 10. 12. 1872, ✝ Kilchberg (bei Zürich) 29. 7. 1956. Nach vielseitigen Studien gründete Klages 1905 in München das »Psychodiagnostische Seminar«, das er 1920 als »Seminar für Ausdruckskunde« in Kilchberg erneuerte. 1899-1908 gehörte er der Redaktion der »Graphologischen Monatshefte« an. Klages wurde v. a. als Psychologe mit seinen Beiträgen auf den Gebieten der Charakterkunde und Ausdrucksdeutung, besonders der Graphologie, bekannt. Als Vertreter einer Metaphysik des Lebens forderte er die Begründung einer selbstständigen Erscheinungswissenschaft und Lebensdeutung, die der auf Kausalerklärung beruhenden Sachwissenschaft gegenüberstehen. Die Wirklichkeit verstand Klages als eine »Wirklichkeit der Bilder«. Bilder sind prägende, wirkende seelische Mächte. In den Organismen (Pflanze, Tier, Mensch) wirken sie stoffgestaltend in Form von Wachstum, Reifung und Lebenserhaltung. Sie sind aber weder im teleologischen Sinne zweckhaft wirkende Kräfte, noch können sie kausal beziehungsweise chemisch-physikalisch erklärt werden. Tatsachen sind für die Erscheinungswissenschaft lediglich Zeichen, die auf die nur erlebbare sinnhafte Wesenserscheinung hinweisen. Während Leib und Seele nach Klages in einem polaren Verhältnis stehen, ist der Geist eine akosmische Macht, die die Pole spaltet; sein Wesen zeigt sich im Willen. Infolge einer fortschreitenden Emanzipation des Wollens vom Leben wird nach Klages der Geist zur Gefahr für die Menschheit und das planetare Leben.
 
Werke: Ausdrucksbewegung und Gestaltungskraft (1913; 1936 unter dem Titel Grundlegung der Wissenschaft vom Ausdruck); Handschrift und Charakter (1917); Der Geist als Widersacher der Seele, 3 Bände (1929-32).
 
Ausgabe: Sämtliche Werke, herausgegeben von E. Frauchiger u. a., 10 Bände, 1 Registerband und 1 Supplementband (1964-82).
 
Literatur:
 
H. Kasdorff: L. K. Werk u. Wirkung, 2 Bde. (1969-74);
 H. Kasdorff: L. K. im Widerstreit der Meinungen (1978).

Universal-Lexikon. 2012.