Kádár
['kaːdaːr],
1) Jan, tschechoslowakischer Filmregisseur, * Budapest 1. 4. 1918, ✝ Los Angeles (Calif.) 1. 6. 1979; drehte kritische Spielfilme (1952 bis zu seiner Emigration aus der Tschechoslowakei 1969 mit Elmar Klos, * 1910, ✝ 1993).
Filme: Der Angeklagte (1964); Das Geschäft in der Hauptstraße (1965); Ein Engel namens Levin (1970); Geliebte Lügen (1975); Die andere Seite der Hölle (1977).
2) János, ungarischer Politiker, * Fiume (heute Rijeka) 26. 5. 1912, ✝ Budapest 6. 7. 1989; Feinmechaniker; wurde 1931 Mitglied der KP, 1943 Sekretär des ZK, 1945 des Politbüros sowie 1946 stellvertretender Generalsekretär der Partei (seit 1948 »Ungarische Partei der Werktätigen«). Als Innenminister (ab 1948) ließ er auf Betreiben der stalinistischen Gruppe um Generalsekretär M. Rákosi 1949 L. Rajk verhaften. Wegen angeblicher Opposition gegen Rákosi 1950 seiner Partei- und Staatsämter enthoben, aus der Partei ausgeschlossen und 1951-54 inhaftiert, wurde er nach der Rehabilitierung 1954 wieder in die Partei aufgenommen und Ende Oktober 1956, zu Beginn des ungarischen Volksaufstandes, Generalsekretär der Partei. Zunächst Mitglied der Regierung unter Ministerpräsident I. Nagy, wandte Kádár sich dann aber gegen sie, bildete eine Gegenregierung und bat die UdSSR um militärische Intervention. Nach der Niederschlagung des Aufstandes durch sowjetische Truppen (Anfang November 1956) schlug er als Ministerpräsident (bis 1958 und wieder 1961-65), Staatsminister (1958-61) sowie Erster Sekretär des ZK der reorganisierten KP (nunmehr »Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei«, Abkürzung USAP; ab 1985 Generalsekretär) einen integrativen Kurs ein, der sich ideologisch und außenpolitisch zwar eng an die sowjetische Partei- und Staatsführung anlehnte, innen- und wirtschaftspolitisch jedoch mit wachsendem Erfolg vorsichtige Reformen unter zum Teil liberalen Zugeständnissen anstrebte und Ungarn einen begrenzten Wohlstand brachte (v. a. etwa 1962/63 bis 1972-74; »Gulaschkommunismus«).
Angesichts wachsender politischer Neuorientierung in der Partei sowie zunehmender Kritik an seiner persönlichen Amtsführung sah er sich am 22. 5. 1988 zum Rücktritt gedrängt und wurde (einflussloser) Parteipräsident. Als die Partei unter Neubewertung der Ereignisse von Oktober/November 1956 sich von Kádár und der von ihm geprägten Epoche (»Kádár-Ära«) abwandte, entband sie ihn am 8./9. 5. 1989 vom Amt des Parteipräsidenten und schloss ihn auch aus dem ZK aus.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Ungarn: Vom Reformsozialismus zu Demokratie und Marktwirtschaft
Universal-Lexikon. 2012.