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Immunglobuline
Immunglobuline,
 
Abkürzung Ig, von B-Lymphozyten bzw. Plasmazellengebildete Eiweißverbindungen, die der Erkennung von Antigenen dienen und daher die Funktion von Antikörpern besitzen. Aufgrund ihrer Wanderung im elektrischen Feld werden sie auch als Gammaglobuline bezeichnet. Sie kommen in zwei Formen vor, die sich nur geringfügig unterscheiden. Die Membranform stellt den Antigenrezeptor der B-Lymphozyten dar. Jeder B-Lymphozyt trägt Rezeptoren für nur ein Antigen; die Gesamtmenge aller unterschiedlich spezifischer Lymphozyten ist größer als 108. Bindet ein B-Lymphozyt sein spezifisches Antigen, beginnt er Immunglobuline zu sezernieren und sich zu teilen; die Tochterzellen können zu Plasmazellen mit hoher Sekretion oder zu Gedächtniszellen ausreifen. Alle von den nachkommenden Zellen sezernierten Immunglobuline haben dieselbe Spezifität, wie sie der Rezeptor besaß. Sie werden in das Blut - dort machen sie etwa 20 % des Serumeiweißes aus -, in Gewebeflüssigkeiten und Sekrete abgegeben. Antikörper sind für die humoralen Immunreaktionen verantwortlich und damit von großer Bedeutung für die Infektabwehr.
 
Alle Immunglobuline haben dieselbe Grundstruktur. Es sind symmetrische Moleküle, die aus zwei leichten oder L-Ketten und zwei schweren oder H-Ketten bestehen, die durch Disulfid-(Schwefel-)Brücken miteinander verbunden sind.
 
Zwischen L- und H-Kette liegt die Antigenbindungsstelle. Dieser Molekülteil wird deshalb Fab-Stück (englisch fragment antigen binding, »antigenbindendes Fragment«) genannt. Aus dem symmetrischen Aufbau der Immunglobuline ergibt sich, dass diese über zwei Bindungsstellen verfügen; man bezeichnet sie daher als bivalent. Sowohl die leichte als auch die schwere Kette besitzt einen Bereich mit sehr variabler Aminosäureabfolge bei verschiedenen Immunglobulinen, welche die Vielfalt der Antigenbindung bedingen. Die konstanten Bereiche beider Ketten sind dagegen weitgehend identisch. Die beiden Enden der H-Kette bilden den leicht kristallisierbaren (englisch crystallizable) Fc-Anteil des Immunglobulins. In dieser Struktur spiegelt sich die zweifache Aufgabe des Immunglobulins als Antikörper, d. h. die Erkennung möglichst vieler Antigene verknüpft mit der Aktivierung identischer Effektormoleküle (Komplement) oder Effektorzellen (Immunabwehr), wider. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Struktur werden beim Menschen die Immunglobuline in fünf Immunglobulinklassen oder Isotypen (IgM, IgG, IgA, IgE und IgD) unterteilt.
 
Immunglobulin M (IgM) stellt ein sehr großes Antikörpermolekül (fünffache Größe der Grundstruktur) dar und wird bei Erstkontakt mit einem Antigen zuerst gebildet (Sofortantikörper), die Konzentration sinkt jedoch schnell wieder ab. Immunglobulin G (IgG) kann als Prototyp der Immunglobuline angesehen werden. Es wird verzögert bei Erstkontakt und verstärkt bei wiederholtem Antigenkontakt gebildet (Immunreaktion). Seine vier Subklassen bilden den Hauptanteil des Serumimmunglobulins beim Menschen. IgG ist beim Menschen die einzige Immunglobulinklasse, die durch den Mutterkuchen hindurchtritt und dadurch dem Embryo und später dem Neugeborenen in den ersten Lebensmonaten einen wichtigen immunologischen Schutz vor Infektionserregern verleiht. Immunglobulin A (IgA) ist auf Abwehrvorgänge an den Schleimhautoberflächen des Organismus spezialisiert. Es ist der einzige Antikörper, der sezerniert werden kann (Sekretantikörper). IgA hat die Aufgabe, die Anlagerung und das Eindringen von Erregern in Schleimhäute zu verringern. Es kommt auch in der Muttermilch vor, wodurch das gestillte Neugeborene am immunologischen Schutz der Mutter teilhat. Immunglobulin E (IgE) ist an der Abwehr von Parasiten beteiligt. Daneben ist es für das Entstehen allergischer Reaktionen von großer Bedeutung (Allergie). Die Funktion von Immunglobulin D (IgD) ist ungeklärt. Die membranständige Form trägt möglicherweise zur Regulation der Aktivierung von B-Lymphozyten bei.

Universal-Lexikon. 2012.