Hominiden
[zu lateinisch homo, hominis »Mensch«], Singular Hominide der, -n, Familie der Primaten, in der der heutige Mensch das einzige noch lebende Mitglied ist. Die Hominidenevolution oder stammesgeschichtliche Menschwerdung (Hominisation) ist jener Prozess, der von subhumanen zu humanen Hominiden führt und neben der stammesgeschichtlichen Veränderung von Körpermerkmalen auch die Entfaltung der geistigen Leistungsfähigkeit und damit die Entwicklung von Technik, Kultur und Sozialem umfasst. Am vorläufigen Ende der Hominidenevolution steht der heutige Mensch.
Die Hominidenevolution ist gekennzeichnet durch die Aufrichtung zu dauernd zweifüßiger Haltung und Fortbewegung (Bipedie) mit allen funktionell erforderlichen Umbildungen des Skeletts und der Muskulatur, Verkürzung der Kiefer unter Verkleinerung der Eck- und Steilstellung der Schneidezähne. Nach weit verbreiteter Ansicht ist die Hominisation auf einen Wechsel der Lebens- und Ernährungsweise beim Zurückweichen der großen Wälder und der Ausbreitung von Savannen am Beginn des Pliozäns zurückzuführen. Erst später fand eine erhebliche Vergrößerung des Gehirns, besonders der Assoziationsareale in der Großhirnrinde statt (Zerebralisation). Zu welcher Zeit sich die entscheidende Entfaltung der kognitiven Fähigkeiten und des Erkenntnisinteresses an Sachverhalten der Umgebung als besonderes Kennzeichen des menschlichen Verhaltens ausgebildet hat, ist Gegenstand zahlreicher Spekulationen. Eine Koppelung mit der Sprache scheint logisch, als unwiderlegbare Beweise liegen aber nur die erhaltenen (Stein-)Werkzeuge vor. Werkzeuggebrauch ist erst für eine relativ späte Phase (1-1,5 Mio. Jahre nach Erwerb der Bipedie) nachzuweisen. Weitere als typisch menschlich angesehene Merkmale wie lange Kindheit, später Eintritt in die Geschlechts- und noch späterer in die soziale Reife sowie die Ausbildung überaus komplizierter Sozialstrukturen und sozialer Verhaltensweisen finden sich auch bei Primaten (Altweltaffen, Menschenaffen). Für alle Einzelheiten der Hominidenevolution besteht eine Prädisposition unter den Tierprimaten.
Als Ausgangspunkt der Hominidenevolution werden miozäne Menschenaffen angesehen, v. a. Formen aus Afrika, manchmal auch solche aus Asien (Siwalikketten). Die ältesten derzeit bekannten aufrecht gehenden, aber langarmigen und kurzbeinigen Hominiden sind die Australopithecinen. Aus diesem Formenkreis entwickelte sich die Stammeslinie der Gattung Homo, nachweisbar seit über 2 Mio. Jahren, über Homo erectus, auf den vor rd. 300 000 Jahren Vorläufer der Neandertaler und der modernen Menschen folgten (Homo sapiens).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Australopithecinen: Die ersten Hominiden
Homo habilis und Homo rudolfensis: Die ersten Menschen
Homo erectus: Funde und Fundstellen
Homo erectus: Kennzeichen und Evolution
Homo erectus: Seine Kultur
Mensch: Wo entstand der moderne Mensch?
Neandertaler: Dem modernen Menschen recht ähnlich
Mensch: Entwicklungslinien in Afrika
Mensch: Entwicklungslinien im Fernen Osten und in Australien
Mensch: »Out of Africa« - der Ursprung des modernen Menschen
Universal-Lexikon. 2012.