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Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit
Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit,
 
die Freiheit und das Recht des Einzelnen, religiöse, weltanschauliche und moralische Überzeugungen zu bilden, zu äußern und zu befolgen. Es handelt sich hierbei um eines der ältesten, als »Religionsfreiheit« bereits in den Religionskriegen des 16. und 17. Jahrhunderts geforderten Grundrechte. In Deutschland ist die G.-, G.- und B. durch Art. 4 sowie Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136-139, 141 der insoweit fortgeltenden Weimarer Reichsverfassung gewährleistet. Dieser Schutz umschließt auch das Recht auf ungestörte Religionsausübung (Kultusfreiheit, Art. 4 Absatz 2 GG). Art. 4 Absätze 1 und 2 GG stellt eine für jedermann geltende Freiheitsverbürgung dar, die nach ihrem Wortlaut an sich schrankenlos gilt, doch letztlich dort ihre Grenze findet, wo sie auf die kollidierenden Grundrechte anders denkender Grundrechtsträger trifft. In erster Linie ist dieses Recht Abwehrrecht des Einzelnen gegen die öffentliche Gewalt, der Einmischungen in diesen höchstpersönlichen Bereich verwehrt sind. Gleichzeitig gibt es dem Staat aber auch auf, Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern (so das Bundesverfassungsgericht); es bindet den Staat an das »Gebot weltanschaulich-religiöser Neutralität« und an den »Grundsatz der Parität der Kirchen und Bekenntnisse«. Danach sind insbesondere die Bevorzugung einzelner Kirchen oder die Einführung eines Staatskirchentums unzulässig.
 
Die Religionsgemeinschaften sind, wenn die Mitgliedschaft in ihnen auf freiwilliger Basis beruht, ihren Mitgliedern gegenüber nicht an Art. 4 GG gebunden. Als Ausdruck geistiger Freiheit des Denkens des Einzelnen können juristische Personen nicht Träger der Glaubens- und Gewissensfreiheit sein. Jedoch steht Kirchen, Religionsgemeinschaften u. Ä. die Bekenntnis- und Kultusfreiheit zu. Die Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit schützt sowohl religiöse wie nichtreligiöse Weltanschauungen und die Freiheit zur Bildung religiöser und weltanschaulicher Gemeinschaften; ferner die Freiheit, nichts zu glauben (negative Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit). In diesen Zusammenhang gehört auch das in Art. 7 Absatz 2 GG enthaltene Recht, das sicherstellt, dass in Ausübung des religiösen Selbstbestimmungsrechts niemand zum Besuch des Religionsunterrichts gezwungen werden kann. Die Gewissensfreiheit bezieht sich auf die sittliche, an den Kategorien von Gut und Böse orientierte, als innerlich verpflichtend erfahrene Gewissensentscheidung. Als Ausfluss der Gewissensfreiheit garantiert Art. 4 Absatz 3 GG das Recht zur Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe (Kriegsdienstverweigerung).
 
In der DDR waren Glaubens- und Gewissensfreiheit, eingebettet in den Grundsatz der Gleichbehandlung von Verfassungs wegen (Art. 20 Absatz 1 Verfassung), garantiert. Ein Recht auf Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen gab es nicht. Seit 1964 bestand jedoch in der NVA (als einziger Armee des Warschauer Paktes) die Möglichkeit des waffenlosen Dienstes als »Bausoldat«. Bausoldaten unterstanden als Armeeangehörige während ihrer ebenfalls 18-monatigen Dienstzeit der Militärgesetzlichkeit. Unter der Regierung Modrow wurde 1990 die Möglichkeit eines zivilen Wehrersatzdienstes geschaffen.
 
In Österreich gewährleistet Art. 14 Staatsgrundgesetz 1867 jedermann die volle Glaubensfreiheit, doch dürfen die staatsbürgerlichem Pflichten durch das Religionsbekenntnis nicht vernachlässigt werden. Diese Norm sowie Art. 9 der in Österreich anwendbaren Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleisten auch die Gewissensfreiheit, die durch einzelne andere Gesetzesbestimmungen überdies Arbeitnehmern in Abweichung vom Dienstvertragsrecht besonders verbürgt ist (z. B. bei wissenschaftlichen Forschungen).
 
In der Schweiz wird die Glaubens- und Gewissensfreiheit in Art. 49 Bundesverfassung gewährleistet. Er verbietet polizeilich nicht gerechtfertigte Eingriffe in den religiösen Bereich. Grundrechtlich geschützt wird nicht nur die Freiheit, eine bestimmte Glaubensrichtung oder Weltanschauung zu haben, sondern auch die Möglichkeit, diese zu praktizieren. Die negative Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit ist ebenfalls geschützt. Die positive Funktion der Glaubens- und Gewissensfreiheit besteht darin, dass der Staat verpflichtet ist einzugreifen, wenn die religiöse Betätigung durch Dritte beeinträchtigt wird, insbesondere wenn etwa eine Kultushandlung gestört wird. - Trotz des umfassenden Schutzes entbinden Glaubensansichten nicht von der Erfüllung bürgerlicher Pflichten.
 
Literatur:
 
GG. Komm., bearb. v. T. Maunz u. G. Dürig, unter Mitarb. v. R. Herzog u. a., Losebl., in 4 Odnern (71990 ff.; Erg.-Lfgg. 1991 ff.).

Universal-Lexikon. 2012.