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Freejazz
Freejazz
 
['friːdʒæz, englisch], ein gegen Ende der 1950er-Jahre von afroamerikanischen Musikern entwickelter Stilbereich des Jazz, der den bislang radikalsten stilistischen Bruch in der Geschichte dieser Musik darstellt, da in ihm die meisten der herkömmlichen Gestaltungsprinzipien infrage gestellt wurden. An die Stelle der bis dahin gültigen harmonisch-metrischen Formschemata als Improvisationsgrundlage trat dabei die »offene« Form; tonale Bezüge wurden negiert oder verschleiert; der den Fundamentalrhythmus pulsartig markierende Beat wurde als Regulativ außer Kraft gesetzt.
 
Charakteristisch für den Freejazz wurden weiterhin 1) eine wachsende Bedeutung von interaktiven Prozessen in der Gruppenimprovisation und damit 2) eine - zumindest teilweise - Aufhebung der Rollenverteilung von Solisten und Begleitern, 3) die Emanzipation der Klangfarbe als ein Mittel improvisatorischer Gestaltung und damit die Tendenz, amelodisch zu spielen, 4) die Betonung von Energie und Intensität als kommunikative Elemente und Auslöser kollektiver Ekstase, 5) die Hinwendung zu den Musikkulturen der Dritten Welt und damit die Einschmelzung neuer Materialien in den Jazzkontext und 6) ein wachsendes Bewusstsein der Musiker für gesellschaftliche Probleme und damit ein Wandel in ihrem Selbstverständnis.
 
Zu den stilbildenden Musikern der frühen Phase des Freejazz gehören an erster Stelle O. Coleman und C. Taylor, sodann A. Shepp, A. Ayler, J. Coltrane und D. Cherry. - Während die Entwicklung zu Anfang v. a. auf New York zentriert war, gewannen gegen Ende der 60er-Jahre zunehmend Musiker aus dem Mittleren Westen der USA an Bedeutung, darunter das Art Ensemble of Chicago mit A. Braxton. Gleichzeitig bildete sich in Europa eine eigenständige Freejazzentwicklung heraus, die u. a. von Musikern wie P. Brötzmann, A. Mangelsdorff, E. Parker, M. Portal und A. von Schlippenbach getragen wurde.
 
Literatur:
 
E. Jost: F. J. (Graz 1975);
 E. Jost: Europas Jazz. 1960-1980 (1987);
 H. Kumpf: Postserielle Musik u. F. J. (1976);
 M. J. Budds: Jazz in the sixties (Iowa City, Ia., 1978);
 R. Carles u. J.-L. Comolli: F. J., Black Power (a. d. Frz., Neuausg. 1980).

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Free Jazz ['fri: 'dʒæz], der; - -, (auch:) Free|jazz, der; - [engl., aus: free = frei u. ↑Jazz] (Musik): auf freier Improvisation beruhendes Spielen von Jazzmusik.

Universal-Lexikon. 2012.