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Finanzierungssaldo
Finanzierungssaldo,
 
1) Finanzwissenschaft: im Haushaltsplan und in der Haushaltsrechnung der öffentlichen Verbände die Differenz zwischen den Einnahmen (ohne Einnahmen aus Krediten am Kreditmarkt, Entnahmen aus Rücklagen, Einnahmen aus kassenmäßigen Überschüssen früherer Jahre und Münzeinnahmen) und den Ausgaben (ohne Ausgaben zur Schuldentilgung am Kreditmarkt, Zuführungen an Rücklagen und Ausgaben zur Deckung eines kassenmäßigen Fehlbetrages früherer Jahre). Das Vorzeichen oder die Veränderung des Finanzierungssaldos wurde lange Zeit als maßgeblicher Indikator für Richtung und Ausmaß konjunktureller Wirkungen des öffentlichen Haushalts gewertet (einfaches Budgetkonzept). Ein negativer Finanzierungssaldo (Finanzierungsdefizit) oder eine Zunahme eines Finanzierungsdefizits galt danach als expansiv, ein positiver Finanzierungssaldo (Finanzierungsüberschuss) oder eine Zunahme eines Finanzierungsüberschusses als kontraktiv (Defizitfinanzierung).
 
Der Finanzierungssaldo gibt zunächst an, inwieweit eine Defizitfinanzierung oder Überschussbildung tatsächlich erfolgt ist. Rückschlüsse auf die konjunkturelle Wirkung eines Haushalts sind problematisch: Der absolute Betrag des Finanzierungssaldos besitzt ein unterschiedliches Gewicht je nach der Höhe des Sozialprodukts oder Produktionspotenzials; die Veränderung des Finanzierungssaldos gegenüber dem Vorjahr lässt nicht erkennen, wieweit sie auf bewussten (aktiven) finanzpolitischen Maßnahmen beruht oder nur (passiv) Veränderungen der konjunkturellen Situation widerspiegelt (Built-in-Flexibility); der Vergleich mit dem Vorjahr lässt unberücksichtigt, wieweit der Haushalt des Vorjahres seinerseits expansiv, kontraktiv oder konjunkturneutral wirkte (konjunkturneutraler Haushalt).
 
 2) volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Differenz aus der Summe der Veränderungen der Forderungen und der Summe der Veränderungen der Verbindlichkeiten eines Wirtschaftssektors.

Universal-Lexikon. 2012.