ọp|ti|sche Ak|ti|vi|tät: die Eigenschaft enantiomerer Moleküle (↑ Enantiomerie) u. enantiomorpher Kristalle (↑ Enantiomorphie), die Polarisationsebene eingestrahlten linear polarisierten Lichts zu drehen (↑ Polarimetrie, ↑ Rotationsdispersion) bzw. links u. rechts circular polarisiertes Licht unterschiedlich stark zu absorbieren (↑ Circulardichroismus). Voraussetzung für das Auftreten messbarer o. A. ist bei org. Verb. das Vorhandensein von mindestens einem ↑ asymmetrisch substituierten C-Atom; als chirales Zentrum kann auch ein N-, S-, Si-, Sn- o. ä. Atom fungieren. Den im Polarimeter bestimmbaren Drehsinn optisch aktiver Verb. kennzeichnet man mit den Stereodeskriptoren (+)- oder (‒)- vor den Namen oder Formeln der rechts- oder linksdrehenden Verbindungen; früher benutzte man in analoger Weise die Buchstabensymbole d- oder l-. Dass ↑ Racemate bzw. Mesoverbindungen (↑ meso-, 3) optisch inaktiv sind, wird mit (±)- oder rac- oder (früher) mit dl- bzw. durch Voransetzen von meso- vor Namen oder Formel deutlich gemacht.
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ọptische Aktivität,
Eigenschaft bestimmter Stoffe, die Ebene des linear polarisierten Lichtes (Polarisation) zu drehen oder links- und rechtszirkular polarisiertes Licht unterschiedlich stark zu absorbieren (Circulardichroismus). Voraussetzung für optische Aktivität ist, dass von einem Stoff optische Isomere (Enantiomere) existieren, und dass deren Moleküle (oder Kristallstrukturen) sich wie Bild und Spiegelbild voneinander unterscheiden (Chiralität, Stereochemie). Der Vorgang lässt sich dadurch erklären, dass linear polarisiertes Licht in zwei entgegengesetzt zirkular polarisierte Teilwellen gleicher Intensität zerlegt werden kann, die - je nach Konfiguration des optisch aktiven Stoffes - dessen Elektronen unterschiedlich zur Schwingung anregen, was eine unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit zur Folge hat. Bei Austritt aus dem optisch aktiven Stoff überlagern sich die Teilwellen zu linear polarisiertem Licht mit veränderter Schwingungsebene. Links- oder Rechtsdrehung wird beobachtet, je nachdem, ob die links- oder rechtszirkulare Welle schneller läuft.
Optisch aktiv sind fast alle physiologisch wirksamen Stoffe (z. B. Glucose, Enzyme) sowie bestimmte Kristalle (z. B. Rechts- und Linksquarz) und Komplexe. Die Drehung der Ebene des polarisierten Lichtes wird mit Polarimetern gemessen. Eine Verbindung ist rechtsdrehend, gekennzeichnet mit (+), wenn, vom Beobachter aus betrachtet, die Polarisationsebene im Uhrzeigersinn, und linksdrehend (—), wenn sie diesem entgegen gedreht wird. Die spezifische Drehung [α] ergibt sich aus dem Drehwinkel α, der Konzentration γ des gelösten Stoffes in g/cm3 und der Länge l der im Polarimeter untersuchten Flüssigkeitssäule in dm: [α] = α / (γ · l). Sie ist von der Wellenlänge des verwendeten Lichtes, von der Temperatur und der Art des Lösungsmittels abhängig. Da in physiologischen Systemen meist nur die (+)- oder (—)-Form auftritt, lässt sich die Konzentration des Stoffes durch Messung des Drehwinkels bestimmen (z. B. Glucose in Harn). Gemische gleicher Mengen der (+)- und (—)-Form heißen Racemate. Da in ihnen beide Formen die gleiche spezifische Drehung, aber verschiedene Vorzeichen haben, ist ihre optische Aktivität null. Als Maß für das Mischungsverhältnis von (+)- und (—)-Form in nichtracemischen Gemischen kann die optische Reinheit verwendet werden. Man erhält sie, indem man die spezifische Drehung der Mischung durch die spezifische Drehung des reinen Enantiomeren teilt. Spektroskopische Methoden, die für zwei Enantiomere Messwerte mit unterschiedlichen Vorzeichen ergeben, werden als chiroptische Methoden bezeichnet.
Universal-Lexikon. 2012.