Akademik

Tunneleffekt
Tụn|nel|ef|fekt 〈m. 1nur quantenmechanisch zu erklärender Effekt, dass Teilchen mit bestimmter Energie eine Schwelle höherer Energie überwinden („durchtunneln“) können

* * *

Tụn|nel|ef|fekt: nur quantentheoretisch zu erklärender Effekt, dem zufolge atomare u. subatomare Teilchen eine Potentialbarriere auch dann zu überwinden (eigtl. durchdringen, »durchtunneln«) vermögen, wenn ihre kinetische Energie theoretisch dazu nicht ausreicht. Auf dem T. beruhen u. a. Alpha-Zerfall, spontane Kernspaltung, Josephson-Effekt, Supraleitung, Elektronentransfer u. Tunnelmikroskopie.

* * *

I
Tụnnel|effekt,
 
1) Psychologie: experimentell erzeugbares Phänomen zum Nachweis der Abhängigkeit der Wahrnehmung vom »Wissen« um die Beschaffenheit des Wahrnehmungsobjekts. Eine Scheinbewegung zwischen zwei im Wechsel aufleuchtenden Lichtpunkten scheint wie durch einen »Tunnel« zu verlaufen, wenn ein undurchsichtiger Schirm dazwischengefügt wird; der Effekt bleibt erhalten, wenn der Schirm ohne Wissen der Versuchsperson entfernt wird; er tritt nicht ein, wenn der Schirm unbemerkt eingefügt wird.
 
 2) Quantenphysik: auf der Wellennatur der Materie (Welle-Teilchen-Dualismus) beruhende Erscheinung, dass atomare und subatomare Teilchen der Gesamtenergie E eine endlich breite Potenzialbarriere (Potenzialwall) der Höhe (potenziellen Energie) V, z. B. einen Coulomb-Wall, auch dann mit einer endlich großen Wahrscheinlichkeit (ausgedrückt durch den Transmissionskoeffizienten T ) überwinden (»durchtunneln«) können, wenn E V ist. Damit korrespondiert, dass im umgekehrten Fall (E > V ) solche Teilchen nicht mit der Wahrscheinlichkeit eins (also mit Sicherheit) die Barriere überwinden, sondern mit einer endlich großen Wahrscheinlichkeit (ausgedrückt durch den Reflexionskoeffizienten R) reflektiert werden. In beiden Fällen gilt: R + T = 1. Diese Erscheinungen stehen im Gegensatz zum Verhalten klassischer Teilchen, die im ersten Fall die Barriere überhaupt nicht überwinden können (T = 0), im zweiten dagegen mit Sicherheit (R = 0), sind aber im Einklang mit klassischen Wellenphänomenen (z. B. Schallwellen und elektromagnetische Wellen; ein entsprechendes Phänomen kann makroskopisch bei der Totalreflexion beobachtet werden, bei der über einen genügend schmalen Luftspalt an der Grenzfläche hinweg Wellenausbreitung erfolgen kann). - Im konkreten Fall hängt die Stärke des Tunneleffekts von der Größe (»imaginären Wellenzahl«)
 
 
(m Teilchenmasse, 2πh̶ plancksches Wirkungsquantum) und von der Breite a der Barriere ab. Für κa
 
 
Die Durchdringungswahrscheinlichkeit nimmt mit wachsender Breite a und Verringerung der Energie E ab.
 
Der Tunneleffekt wurde erstmals im Zusammenhang mit dem Alphazerfall der Atomkerne von G. Gamow (1928) diskutiert (Gamow-Theorie). Auf dem Tunneleffekt beruhende Erscheinungen und Prozesse werden auf vielen Gebieten der Atom-, Festkörper- und Kernphysik sowie der Chemie beobachtet und teilweise technisch genutzt. Beispiele sind: thermische chemische Reaktionen mit Protonen oder Wasserstoffatomen, Langmuir-Effekt, Feldemission, Tunnelmikroskop, Tunneldiode, Elektronenleitung an Kontaktstellen, d. h. durch dünne dielektrische Schichten (auch bei Supraleitern), Josephson-Effekte, spontane Kernspaltung, kalte Kernfusion.
II
Tunneleffekt,
 
das quantenmechanische Phänomen, dass atomare und subatomare Teilchen wie z. B. Elektronen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit durch Hindernisse hindurch gelangen (»durchtunneln«), die nach den Gesetzen der klassischen Physik undurchdringlich sind. Je schmaler und niedriger ein Hindernis ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen tunnelt. Nennenswerte Anzahlen von tunnelnden geladenen Teilchen, sog. Tunnelströme, treten nur bei sehr dünnen Hindernissen auf (in der Größenordnung von wenigen Nanometern), wie sie z. B. bei einer Tunneldiode oder einem Josephson-Element realisiert sind. Der Tunneleffekt lässt sich nur mit den Gesetzen der Quantenphysik erklären, nach denen Teilchen Welleneigenschaften haben (in bestimmten Fällen können Wellen in der klassischen Physik ein dem Tunneleffekt entsprechendes Verhalten zeigen).

Universal-Lexikon. 2012.