In-vi|tro-Fer|ti|li|sa|ti|on auch: In-vit|ro-Fer|ti|li|sa|ti|on 〈[-vi:-] f. 20; Abk.: IVF; Med.〉 Befruchtung außerhalb des Mutterleibs; Sy künstliche Befruchtung [<lat. in vitro „im (Reagenz-)Glas + fertilis „fruchtbar“]
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In-vi|tro-Be|fruch|tung, In-vi|t|ro-Fer|ti|li|sa|ti|on, die; -, -en [lat. in vitro = im (Reagenz)glas, zu: vitrum = Glas] (Med.):
künstlich herbeigeführte Verschmelzung einer menschlichen Eizelle mit einer Samenzelle außerhalb des Körpers einer Frau.
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In-vitro-Fertilisation,
1) Humanmedizin: Befruchtung einer menschlichen Eizelle außerhalb des mütterlichen Körpers. Der nach den ersten Zellteilungen entstandene, meist zwei- bis achtzellige Embryo wird nach zwei bis drei Tagen in die Gebärmutter der Mutter eingespült. Diesen Schritt nennt man Embryotransfer. Die Methode wurde erstmals 1978 erfolgreich in England durch P. C. Steptoe und R. G. Edwards angewendet, um jene Fälle der Unfruchtbarkeit zu behandeln, bei denen sich Eizelle und Spermium durch Verschluss oder Fehlen der Eileiter auf natürlichem Wege nicht treffen können und jede andere Therapieform bislang versagte. Nach ihrer weltweiten Verbreitung Anfang der 80er-Jahre ermutigten die Erfolge dieser Therapie dazu, die Indikation für ihre Anwendung auf bestimmte Formen der hormonell bedingten, der ungeklärten und der durch Endometriose hervorgerufenen Unfruchtbarkeit sowie auf milde Formen der eingeschränkten Zeugungsfähigkeit des Mannes zu erweitern. Anfang der 90er-Jahre gelang es, durch Injektion von Spermien in Eizellen (intracytoplasmat. Spermieninjektion, ICSI) auch schwere Fälle der männlichen Unfruchtbarkeit zu behandeln. Die Therapie wird mit Hormongaben begonnen, um mehrere Follikel zum Reifen zu bringen. In der Mitte des Zyklus erfolgt eine durch Ultraschalldiagnostik kontrollierte, transvaginale Punktion der Follikel. In der gewonnenen Follikelflüssigkeit werden dann unter dem Mikroskop die Eizellen aufgesucht und in ein mit Nährlösung gefülltes Kulturgefäß gebracht. Das durch Masturbation gewonnene Sperma wird aufbereitet (d. h., mit einer eiweißhaltigen Nährlösung gewaschen, zentrifugiert und für ein bis zwei Stunden kultiviert) und in das Kulturgefäß mit den Eizellen gegeben. In der extrakorporal verbrachten Zeit werden die Eizellen, Spermien und später die Embryonen in einem Brutschrank bei 37 ºC, gesättigter Luftfeuchte und einem pH-Wert von 7,35 kultiviert, also in einem Milieu, das den Bedingungen des menschlichen Eileiters nahe kommt. Nach erfolgter Befruchtung und anschließender Zellteilung erfolgt nach etwa 48-72 Stunden der Embryotransfer. Die Erfolgsrate wird mit etwa 20 % angegeben. Die Wahrscheinlichkeit der fertilen Frau, in einem natürlichen Zyklus schwanger zu werden, liegt allerdings auch nur bei etwa 25 %. Wie bei anderen Formen der Behandlung von Unfruchtbarkeit ist nach IVF die Rate der Mehrlingsschwangerschaften und die Rate der Kaiserschnittentbindungen erhöht. Ähnlich anderen hormonalen Therapieformen kann es durch Hormongaben in Einzelfällen zu Nebenwirkungen kommen. Die Einführung und die weltweite Verbreitung dieser Methode hat zu einer leidenschaftlichen, kontroversen und anhaltenden Ethikdiskussion über die Grundlagen und Folgen der modernen Medizin geführt.
Rechtliche Situation:
Seit dem 1. 1. 1991 regelt in Deutschland das Embryonenschutzgesetz die rechtlichen Probleme der Reproduktionsmedizin. So ist es unter Strafandrohung verboten, Eizellen zu einem anderen Zweck zu befruchten als zu dem, bei der Frau eine Schwangerschaft auszulösen, von der die Eizellen stammen (Verbot der Eizellenspende, Verbot der Leihmutterschaft). Die Anzahl der in einem Zyklus zu transferierenden Embryonen wurde auf maximal drei beschränkt (Vermeidung höhergradiger Mehrlingsschwangerschaften). Weiterhin verbietet das Gesetz u. a. das Erzeugen menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken, das Klonen, die Bildung von Chimären (aus genetisch verschiedenen Geweben zusammengesetztes Lebewesen) und Hybriden (Bastard) sowie die experimentelle Veränderung von Zellen der menschlichen Keimbahn. Ärzte können nicht dazu verpflichtet werden, eine IVF durchzuführen. Jede IVF setzt die Einwilligung der Patienten voraus. Darüber hinaus existieren in den einzelnen Bundesländern durch die Gesundheits- beziehungsweise Sozialministerien sowie Ärztekammern weitergehende Vorschriften zur Durchführung der IVF. In den Staaten der Europäischen Union wie auf der ganzen Welt ist die Rechtslage zur IVF zum Teil sehr unterschiedlich.
Möglichkeiten u. Grenzen der Forschung an Embryonen, hg. v. C. Fuchs (1990);
Embryonenschutzgesetz. Komm. zum Embryonenschutzgesetz bearb. v. R. Keller u. a. (1992);
Ethics in reproductive medicine, hg. v. D. R. Bromham u. a. (London 1992);
R. G. Edwards u. S. A. Brody: Principles and practice of assisted human reproduction (Philadelphia, Pa., 1996).
2) Tierzucht: künstliche Besamung.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Unfruchtbarkeit: Ursachen, Diagnostik, Behandlung
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Universal-Lexikon. 2012.