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Schwefelsäure
Dihydrogensulfat (fachsprachlich); Vitriolöl

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Schwe|fel|säu|re 〈f. 19; unz.〉 ölige Flüssigkeit ● rauchende \Schwefelsäure ölige, rauchende Flüssigkeit, die organ. Stoffe zerstört

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Schwe|fel|säu|re; Syn.: Schwefel(VI)-säure: H2SO4, (HO)2SO2; farb- u. geruchlose, ätzende, ölige Fl., Smp. 10 °C, Sdp. 280 °C (wasserfrei) bzw. 338 °C (als Azeotrop mit 1,7 % H2O). Sog. konz. S. enthält 4 % Wasser, in Oleum oder rauchender S. dagegen sind zusätzlich bis zu 60 % SO3 gelöst. Die zweibasige Mineralsäure S., von der sich Sulfate, Hydrogensulfate u. Schwefelsäureester ableiten, gehört zu den wichtigsten Industriechemikalien. Ihre Haupteinsatzgebiete liegen in der Herst. von Düngemitteln, Titandioxid, Salz- u. Flusssäure u. der Verwendung als Dehydratisierungs-, Sulfonierungs- u. Sulfierungsmittel.

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Schwe|fel|säu|re, die <o. Pl.>:
Schwefelverbindung in Form einer farblosen, öligen Flüssigkeit, die in konzentrierter Form auch Kupfer u. Silber auflösen kann.

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Schwefelsäure,
 
die sich vom sechswertigen Schwefel ableitende Säure, H2SO4; sie kommt in der Natur v. a. in Form ihrer Salze, der Sulfate, vor; in freier Form kann sie (in geringer Konzentration) in Solfataren, in den Wolken nach Vulkanausbrüchen sowie im sauren Regen auftreten. - Reine 100 %ige Schwefelsäure, die zum Teil auch als »Monohydrat« bezeichnet wird (d. h. Monohydrat des Schwefelsäureanhydrids, Schwefeltrioxid, SO3), ist eine farblose, ölige Flüssigkeit (Dichte 1,836 g/cm3), die bei 279,6 ºC siedet und bei 10,4 ºC erstarrt. Beim Sieden der reinen Schwefelsäure entweicht zunächst etwas mehr Schwefeltrioxid als Wasser; das sich einstellende azeotrope Gemisch enthält 1,7 % Wasser und siedet bei 338 ºC (98,3 %ige Schwefelsäure); die wichtigste Handelsform ist die konzentrierte Schwefelsäure mit 4 % Wasser (96 %ige Schwefelsäure). Höher konzentrierte Schwefelsäure enthält größere Mengen an gelöstem Schwefeltrioxid, SO3 (zum Teil in Form von Dischwefelsäure, H2S2O7); sie gibt an der Luft Schwefeltrioxid unter Nebelbildung ab (rauchende Schwefelsäure, Oleum). Mit Wasser ist Schwefelsäure beliebig mischbar, wobei infolge der Bildung von Hydraten (H2SO4 · x H2O; x = 1 bis 8) eine starke Selbsterwärmung auftritt, die bis zur Verdampfung und zum Verspritzen der Schwefelsäure führen kann; konzentrierte Schwefelsäure darf deshalb stets nur durch Eingießen in kaltes Wasser (niemals umgekehrt!) verdünnt werden. Konzentrierte Schwefelsäure wirkt stark Wasser anziehend (hygroskopisch) und wird als Trockenmittel für Gase u. a. Stoffe (z. B. im Exsikkator) verwendet. Sie zerstört organische Stoffe (z. B. Zucker, Stärke, Holz, Papier) unter Wasserentzug und langsamer Verkohlung. Auf der Haut wirkt Schwefelsäure stark ätzend. Als zweibasige Säure bildet Schwefelsäure zwei Reihen von Salzen, die sauren (früher Bisulfate genannten) Hydrogensulfate, MIHSO4, und die neutralen Sulfate, MI2SO4. Schwefelsäure zählt zu den starken Säuren; bereits konzentrierte Schwefelsäure ist etwas dissoziiert und leitet den elektrischen Strom. Verdünnte Schwefelsäure löst alle Metalle auf, die unedler als Wasserstoff sind (Spannungsreihe). Konzentrierte Schwefelsäure greift Eisen wegen der Bildung einer Schutzschicht (Passivierung) nicht an; sie kann deshalb in Eisengefäßen transportiert werden. Auch Blei wird von Schwefelsäure nicht gelöst, da sich eine unlösliche, vor weiterem Säureangriff schützende Schicht aus Bleisulfat bildet.
 
Bei der technischen Herstellung der Schwefelsäure geht man von Schwefeldioxid, SO2, aus, das man meist durch Verbrennen von Schwefel oder durch Rösten 2) sulfidische Erze, besonders Pyrit, FeS2, gewinnt und dann nach verschiedenen Verfahren (früher dem Nitroseverfahren, heute überwiegend dem Kontaktverfahren) zu Schwefeltrioxid, SO3, dem Anhydrid der Schwefelsäure, oxidiert. Daneben kann Schwefeldioxid auch durch Umsetzen von Calciumsulfat (Gips, Anhydrit) mit Kohlenstoff (Koks) gewonnen werden. - Beim älteren Nitroseverfahren (Stickoxidverfahren), das zunächst in Form des Bleikammerverfahrens, später des Turmverfahrens angewandt wurde, dienen nitrose Gase (Stickstoffverbindungen) als Oxidationsmittel. Das Schwefeldioxid gelangt hier zusammen mit Luft zunächst in den Gloverturm, einen säurefest ausgekleideten Reaktionsturm, in dem es mit einer nitrose Gase enthaltenden Schwefelsäure (nitrose Säure) reagiert. Die dabei entstehende 80 %ige Schwefelsäure (Gloversäure) wird abgezogen. Die aus dem Gloverturm austretenden Gase werden anschließend in mit Bleiplatten ausgekleidete Reaktionskammern (beim Turmverfahren säurefest ausgekleidete Reaktionstürme) geleitet, wo das Schwefeldioxid zu Schwefeltrioxid oxidiert wird (SO2 + N2O3 → SO3 + 2 NO). Das dabei entstehende Stickstoffmonoxid reagiert mit Sauerstoff wieder zu Distickstofftrioxid (2 NO + ½ O2 → N2O3). Das Schwefeltrioxid wird durch Einsprühen von Wasser zu Schwefelsäure (Kammersäure) gelöst. Die die letzte Kammer (den letzten Turm) verlassenden Reaktionsgase enthalten v. a. Stickoxide, die im Gay-Lussac-Turm mit Gloversäure wieder zu nitroser Säure umgesetzt werden. Die technisch konzentrierte Schwefelsäure wird durch Konzentrieren der Kammer- und der Gloversäure gewonnen. - Weitaus die größte Menge an Schwefelsäure wird heute nach dem Kontaktverfahren hergestellt. Bei diesem wird das gereinigte Schwefeldioxid mit Luft über Kontakte (meist Vanadiumpentoxid-Katalysatoren) geleitet und bei etwa 500 ºC zu Schwefeltrioxid oxidiert. Die den Kontaktofen verlassenden Gase werden auf 100 ºC abgekühlt und dann durch Absorptionstürme mit 98 %iger Schwefelsäure geleitet. Dabei wird das Schwefeltrioxid unter Bildung von Dischwefelsäure, H2S2O7, absorbiert, aus der man dann durch Zugabe einer entsprechenden Menge Wasser Schwefelsäure mit der gewünschten Konzentration erhält: H2S2O7+H2O → 2 H2SO4. Für das Kontaktverfahren wurden zahlreiche Verfahrensvarianten entwickelt, die sich durch die Anordnung der Kontaktöfen und der Absorptionstürme unterscheiden; große Bedeutung hat v. a. das Doppelkontaktverfahren gewonnen, bei dem man die aus den Absorptionstürmen entweichenden Abgase durch einen zweiten Kontaktofen leitet und das noch enthaltene Schwefeldioxid zu Schwefeltrioxid umsetzt. Dadurch wird einerseits die Ausbeute erhöht, andererseits der SO2-Gehalt der Abgase verringert. - Ein weiteres, meist mit der Herstellung von Zement gekoppeltes Verfahren zur Gewinnung von Schwefelsäure ist das Gips-Schwefelsäure-Verfahren (Müller-Kühne-Verfahren), bei dem Gips als Ausgangsmaterial dient; dieser wird mit Kohle (und tonigen Zuschlägen) geröstet, wobei sich (gemäß der Gleichung 2 CaSO4 + C → 2 CaO+2 SO2 + CO2) Schwefeldioxid bildet, das dann katalytisch zu Schwefeltrioxid oxidiert und in Schwefelsäure überführt wird.
 
Verwendung:
 
Schwefelsäure gehört zu den in großen Mengen hergestellten Chemikalien und ist die wichtigste Säure der chemischen Industrie; etwa die Hälfte der Weltproduktion an Schwefelsäure wird für die Herstellung von Düngemitteln (Superphosphat, Ammoniumsulfat u. a.) verwendet. Ferner dient Schwefelsäure zur Herstellung anderer Mineralsäuren wie Phosphorsäure und Fluorwasserstoff, zum Aufschluss von Titanmineralen (Gewinnung von Titandioxid), als Akkumulatorensäure, in der petrochemischen Industrie zum Reinigen von Erdöldestillaten, in der organischen Chemie u. a. zur Herstellung von Sulfonsäuren und Schwefelsäureestern sowie (als Bestandteil von Nitriersäure) von Nitroverbindungen.
 
Geschichte:
 
Schwefelsäure war bereits um 1300 in der alchimistischen Literatur des Mittelalters bekannt, sie wurde jedoch bis ins 18. Jahrhundert nur in kleinen Mengen erzeugt und 1746 in Großbritannien erstmals nach dem Bleikammerverfahren hergestellt. Die katalytische Oxidation von Schwefeldioxid zu Schwefeltrioxid wurde 1831 durch den britischen Fabrikanten P. Phillips beobachtet. Ab 1875 untersuchte C. Winkler die Grundlagen des Kontaktverfahrens, das v. a. durch die Arbeiten von R. Knietsch in den großtechnischen Maßstab übertragen wurde.
 

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Schwe|fel|säu|re, die <o. Pl.>: Schwefelverbindung in Form einer farblosen, öligen Flüssigkeit, die in konzentrierter Form auch Kupfer u. Silber auflösen kann.

Universal-Lexikon. 2012.