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Songhai
Sọnghai,
 
Sọnrhai, westafrikanisches Volk am mittleren Niger (Nigerbogen). Die etwa 1,5 Mio. Songhai leben in Mali (440 000), Südwestniger (600 000), Nordwestnigeria (170 000) und Benin (50 000), ferner in Burkina Faso (130 000), Elfenbeinküste und Ghana (90 000). Sehr nahe verwandt sind die Dyerma (etwa 250 000 Angehörige), v. a. in Südwestniger, und die Dendi in Nord-Benin (rd. 80 000). Die traditionelle Wirtschaftsform der Songhai besteht aus Feldbau (Hirse) in der Savanne, Viehhaltung, Fischerei, Jagd und Handwerk (Schmiede, Töpfer). Trotz früher Islamisierung (11. Jahrhundert) haben sich bei den Songhai ursprüngliche Glaubensvorstellungen, verbunden mit Besessenheitskulten, erhalten.
 
Die Songhai waren mit Mande, Fulbe und anderen Völkern Träger des Reiches Songhai (10.-16. Jahrhundert) mit der Hauptstadt Gao. 1009/10 trat König Kossoi (1005-25) zum Islam über. Von 1325 bis um 1400 war Songhai dem Reich Mali unterworfen. Etwa 1465 trat der Sonni (eine Dynastie) Ali (✝ 1492), genannt Ali Ber (der Große; er bekannte sich nicht zum Islam), die Herrschaft über Songhai an und begründete dessen Großmachtstellung im mittleren Sudan. 1476 eroberte er die Mali-Stadt Djenné. Unter Askia (König) Mohammed Touré (1493-1528) erreichte Songhai den Höhepunkt seiner Macht; es reichte im Osten bis an den Tschadsee, im Westen bis an den Senegal, im Norden bis zu den Salzminen von Teghazza, im Süden bis an die Grenze des tropischen Regenwaldes. Das Reich wurde durch Militärmacht zusammengehalten. Die wirtschaftliche Grundlage waren Reis- und Hirseanbau sowie Viehhaltung, dazu kam der Tausch des Salzes aus der Sahara gegen Gold von den südlichen Nachbarvölkern. Das islamische Bildungswesen war hoch entwickelt (Hochschule in Timbuktu). Die Vorherrschaft von Songhai brach zusammen, als 1590 eine marokkanische Truppe nach Gao vorstieß und 1591 bei Tondibi nordwestlich von Gao das Heer des Askia Ishak II. (✝ 1592) besiegte. Songhai war der letzte große Staat im mittleren Sudan vor der Entstehung der islamischen Reformstaaten im 19. Jahrhundert und der französischen Kolonisation.
 
Die Sprache der Songhai, das Songhai, gehört zu den nilosaharanischen Sprachen; es bildet mit den Dialekten Dyerma (Zarma) und Dendi eine verhältnismäßig homogene Dialektgruppe. Im Songhai existiert weder ein grammatisches Geschlecht noch ein System von Nominalklassen. In der Republik Niger ist das Songhai - neben dem Hausa - wichtigste Verkehrssprache.
 
Literatur:
 
J. Rouch: Les S. (Paris 1954);
 N. Tersis: Le zarma (ebd. 1972);
 B. Hama: L'empire Songhay (ebd. 1974);
 J.-M. Ducroz u. M.-C. Charles: Lexique soney (songay)-français (ebd. 1978);
 J. Rouch: La religion et la magie songhay (Brüssel 21989);
 R. Nicolai: Parentés linguistiques (à propos du songhai) (Paris 1990);
 R. Fischer: Gold, Salz u. Sklaven. Die Gesch. der großen Sudanreiche Gana, Mali, S. (21991);
 P. Zima: Lexique Dendi (Songhay) (Köln 1994);
 W. Blöhm: Angepasste Agrarentwicklung in der Rep. Mali. Die Songhay im Spannungsfeld gesellschaftl. Wandels (1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
afrikanische Großreiche der Sudanzone: Zwischen Regenwald und Wüste
 

Universal-Lexikon. 2012.