Schụlze-Delitzsch,
Hermann, Sozialpolitiker, Jurist, * Delitzsch 29. 8. 1808, ✝ Potsdam 29. 4. 1883; Mitglied der preußischen Nationalversammlung (1848), des preußischen Abgeordnetenhauses (1861), des Norddeutschen Reichstags (ab 1867) und ab 1871 Mitglied des Reichstags; war Mitbegründer des Deutschen Nationalvereins und der Deutschen Fortschrittspartei. Schulze-Delitzsch gründete ab 1849 auf Selbsthilfe basierende Genossenschaften, darunter die »Assoziation« der Schuhmacher und Tischler. Größte Verbreitung fanden seine Kreditgenossenschaften (Volksbanken); die erste gründete er 1850 als »Vorschußverein« in Delitzsch. Zur Lösung der sozialen Frage schwebte ihm ursprünglich die vollkommene genossenschatliche Selbsthilfe in Form der Produktivgenossenschaft vor. Jede Form der Staatshilfe lehnte er im Gegensatz zu F. W. Raiffeisen und F. Lassalle ab. 1859 schloss er die ihm nahe stehenden Genossenschaften zum »Allgemeinen Verband der deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften« zusammen. Wirtschaftspolitisch war er Vertreter des Liberalismus, wobei er eine »Interessenharmonie« zwischen Kapital und Arbeit forderte und das Genossenschaftsprinzip als Korrektiv des Konkurrenzkapitalismus verstand.
A. Bernstein: S.-D. Der Begründer der Volksbanken (Neuausg. 1967);
R. Aldenhoff: S.-D. Ein Beitr. zur Gesch. des Liberalismus zw. Revolution u. Reichsgründung (1984).
Universal-Lexikon. 2012.