Fabliaux
[-bli'o; Plural zu französisch fablel »kleine Fabel«], Singular Fabliau das, -, im mittelalterlichen Frankreich schwankhafte Erzählungen oft erotisch-pikanter Abenteuer, die von humoristischen Schilderungen bis zu derb-realistischen Darstellungen reichen, meist gegen die Stände (Adlige, Geistliche, Bürger und Bauern), aber auch gegen die Frauen (und deren angebliche Unsittlichkeit) gerichtete Satiren, jedoch ohne sozialkritisches Anliegen. Die Stoffe entstammen teils heimischer Überlieferung, teils gehen sie - durch Vermittlung der Kreuzfahrer und spanischen Araber - auf antikes und orientalisches Erzählgut zurück.
Die Fabliaux sind in paarweise gereimten, meist achtsilbigen Versen (oft einige 100 bis 1 000) verfasst, wurden von Spielleuten vorgetragen und von etwa der Mitte des 12. Jahrhunderts an aufgezeichnet. Ein bekannter Verfasser war Rutebeuf.
Die Stoffe der Fabliaux wurden in der späteren Erzähl- und Komödienliteratur häufig wieder verwendet (z. B. von G. Boccaccio, F. Rabelais, Molière, J. de La Fontaine). Vom »Conte« (einer Gattung ohne satirischen Charakter) und der Tierfabel wurden die Fabliaux im Mittelalter nicht streng unterschieden.
Ausgabe: Recueil général et complet des fabliaux des XIIIe et XIVe siècles. .., herausgegeben von A. de Montaiglon u. a., 6 Bände (1872-90).
J. Bédier: Les fabliaux (Paris 61969, Nachdr. Genf 1982).
Universal-Lexikon. 2012.