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Dokumentartheater
Dokumentartheater,
 
eine Stilrichtung des modernen Theaters, die, beeinflusst vom russischen Revolutionstheater, im Deutschland der späten 20er-Jahre in E. Piscators Inszenierungen ihren Höhepunkt erreichte. Das Dokumentartheater will in erster Linie gesellschaftskritisch und politisch wirken. Es wählt daher meist historisch-authentisch und politisch relevante Stoffe, die oft in Form eines Prozesses oder einer Untersuchung gestaltet werden. Durch die Verwendung von dokumentarischen Material - Akten, Protokollen, zeitgenössischen Presseberichten, Einblendungen von Filmszenen, Fotos, Tonbändern - soll größtmögliche Authentizität und Glaubwürdigkeit erreicht werden. - In den 30er-Jahren wirkte in diesem Sinne u. a. die Theatergruppe »Living Newspaper« unter E. Rice in New York. Einen neuen Aufschwung erlebte das Dokumentartheater in den 60er-Jahren mit R. Hochhuths Drama »Der Stellvertreter« (1963, Regie: E. Piscator). Das Dokumentarstück wurde als »szenischer Bericht« und als rigoroses und umfassendes Zeitdokument verstanden. Es entstanden in der Folge zahlreiche Stücke im europäischen und außereuropäischen Sprachraum, u. a. »In der Sache J. Robert Oppenheimer« (1964, Regie: E. Piscator) und »Joel Brand« (1965) von H. Kipphardt, »Die Ermittlung« (1965, über den Auschwitzprozess) und »Diskurs über die Vorgeschichte und den Verlauf des lang andauernden Befreiungskrieges in Viet Nam. ..« (1968) von P. Weiss, »US« (1966, über den Vietnamkrieg) von P. Brook, »Toller« (1968) von T. Dorst und »Das Verhör von Habana« (1970) von H. M. Enzensberger.
 
Literatur:
 
K. H. Hilzinger: Die Dramaturgie des dokumentar. Theaters (1976);
 A. Blumer: Das dokumentar. Theater der 60er-Jahre in der Bundesrepublik Dtl. (1977);
 B. Barton: Das D. (1987).

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Do|ku|men|tar|the|a|ter, das: gesellschaftskritische Stilrichtung des modernen Theaters, die politisch relevante Stoffe (oft in Form eines Prozesses od. einer Untersuchung) unter Verwendung von dokumentarischem (2) Material gestaltet.

Universal-Lexikon. 2012.