Wịrt|schafts|kri|mi|na|li|tät 〈f.; -; unz.〉 kriminelle Vergehen von Personen in gehobener berufl. Stellung im wirtschaftl. Bereich (z. B. Betrug in großem Umfang, Steuerhinterziehung)
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Wịrt|schafts|kri|mi|na|li|tät, die:
Kriminalität im Wirtschaftsleben.
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Wirtschaftskriminalität,
Gesamtheit der Straftaten, die wirtschaftliche Bezüge aufweisen, weil der Täter seine wirtschaftlich-berufliche Stellung ausnutzt, Instrumente des Wirtschaftslebens missbraucht oder weil sich die Tat gegen überindividuelle Rechtsgüter des Wirtschaftslebens (staatliche Finanzwirtschaft, private Volkswirtschaft) richtet. Es ist bisher nicht gelungen, eine nähere und allgemein anerkannte Definition zu entwickeln. Der klassische Terminus »White-Collar-Crime« (»Verbrechen [das] im weißen Kragen [ausgeführt wird]«), der auf die herausgehobene beruflich-soziale Stellung des Wirtschaftskriminellen abstellt, erfasst die Wirtschaftskriminalität nur bedingt.
Wirtschaftskriminalität umfasst Straftaten aus dem so genannten Nebenstrafrecht (u. a. Wettbewerbs-, Steuer-, Embargo-, Börsen-, Warenfälschungs-, Bilanz- und sonstige Buchführungsdelikte) und dem StGB (Wechsel- und Scheckdelikte, Konkursstraftaten, Kredit-, Subventions-, Kapitalanlagebetrug und weitere Fälle des Betrugs, der Untreue, der Bestechung sowie der Computerkriminalität, Abschreibungs- und Zertifikatsschwindel). Die polizeiliche Kriminalstatistik erfasst die amtlich bekannte Wirtschaftskriminalität mit wechselnden Definitionen und unvollständig, weil ein Teil der Wirtschaftsstraftaten unmittelbar von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Steuerbehörden verfolgt wird. Deshalb lassen sich Umfang, Struktur und Entwicklung (steigende Tendenz sichtbar) der verfolgten Wirtschaftskriminalität mit der Polizeistatistik nicht exakt ermitteln. 1997 registrierte sie 106 053 Fälle (v. a. Betrug) mit 28 937 Tatverdächtigen. Ein breites Dunkelfeld wird vermutet. Der in Deutschland durch Wirtschaftskriminalität unmittelbar verursachte materielle Schaden lässt sich wegen des unbekannten Ausmaßes der Wirtschaftskriminalität und unsicherer Schätzungsgrundlagen nur spekulativ mit 15 bis 60 Mrd. DM/Jahr angeben.
Um sozialschädliches Verhalten des Wirtschaftslebens umfassender verfolgen zu können, wurden mit dem 1. (1976) und 2. (1986) Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Gesetzeslücken geschlossen und die Gesetze veränderter Realität angepasst. Vor allem mit Letzterem wurde den technischen Entwicklungen des Kommunikationszeitalters Rechnung getragen (Straftaten im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung und Computerkriminalität). Seit 1. 8. 1994 ist der so genannte Insiderhandel mit Wertpapieren strafbar. Die Insolvenzrechtsreform soll (ab 1. 1. 1999) die Aufklärung von Insolvenzstraftaten erleichtern. Neben Schwerpunktstaatsanwaltschaften wurden bei den Landgerichten Wirtschaftsstrafkammern gebildet, um die Effektivität bei der Aufklärung von Wirtschaftsdelikten zu steigern. Noch nicht gänzlich umgesetzt sind kriminalpolitische Forderungen: verstärkter Einsatz von Polizeibeamten mit kaufmännischer Vorbildung, Unterstützung der Polizei durch Wirtschaftsreferenten, Zusammenwirken verschiedener, die Wirtschaft betreffender Aufsichtsbehörden mit Polizei und Staatsanwaltschaft, Auskunftsdateien über die Wirtschaftskriminalität und Vertiefung der internationalen Zusammenarbeit.
K. Tiedemann: Wirtschaftsrecht u. W., 2 Bde. (1976);
W., hg. v. G. Nass (1983);
W., hg. v. P. Poerting, 2 Bde. (1983-85);
Wirtschaftsstrafrecht, hg. v. C. Müller-Gugenberger (21992);
Rudolf Müller u. H.-B. Wabnitz: W. Eine Darst. der typ. Erscheinungsformen mit prakt. Hinweisen zur Bekämpfung (31993);
J. Ludwig: W. (Neuausg. 1994);
U. Eisenberg: Kriminologie (41995);
H.-D. Schwind: Kriminologie (91998).
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Wịrt|schafts|kri|mi|na|li|tät, die: Kriminalität im Wirtschaftsleben: Die W. ... dürfte jedes Jahr größere Schäden verursachen als die gesamte andere Kriminalität (horizont 13, 1978, 21); Im Kampf gegen die W. ist Manhattans oberster Strafverfolger ... nicht immer erfolgreich (Zeit 27. 5. 99, 23).
Universal-Lexikon. 2012.