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liberale Parteien
liberale Parteien,
 
politische Parteien, die sich den Grundsätzen des Liberalismus verpflichtet fühlen.
 
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildeten sich erste liberale Gruppen und liberale Parteien, in Deutschland zuerst in den gesamtstaatlichen Volksvertretungen der mittel- und süddeutschen Staaten (u. a. Baden). Im Vormärz und in der »Märzrevolution« von 1848/49 spaltete die Verfassungsfrage (Frankfurter Nationalversammlung) und die Frage der Gestaltung des Wahlrechts die Liberalen in Gemäßigte und Radikale; 1859 entstand der Deutsche Nationalverein, in Preußen 1861 die Deutsche Fortschrittspartei. Durch Abspaltungen und Neuvereinigungen bildeten sich danach zahlreiche Parteien mit liberalem Programm: u. a. die Nationalliberale Partei (1867), die »Deutschfreisinnige Partei« (1884; 1893 gespalteten, Freisinn), der Nationalsoziale Verein (1903), die Fortschrittliche Volkspartei (1910), die Deutsche Demokratische Partei (1918), die Deutsche Volkspartei (1918). - Die »Liberal-Demokratische Partei Deutschlands« (LDPD; gegründet 1945 in der SBZ) ging 1990 in der Freien Demokratischen Partei (gegründet 1948 in den westlichen Besatzungszonen) auf.
 
In Österreich schloss sich die 1861 gegründete Verfassungspartei 1881 mit dem »Fortschrittsklub« zur »Vereinigten Linken« zusammen (seit 1888 »Vereinigte Deutsche Linke«), die nach 1895 zerfiel; ihr Erbe übernahm die »Deutsche Fortschrittspartei«, die 1910 mit den Deutschnationalen im »Deutschen Nationalverband« aufging. Aus ihm ging 1919/20 die Großdeutsche Volkspartei hervor. Nach 1945 gewann v. a. die Freiheitliche Partei Österreichs Einfluss.
 
Nachdem sich Verfechter eines radikalegalitären Liberalismus in der Schweiz erstmals 1847, erneut 1873 in einem »Schweizerischen Volksverein« verbunden hatten, gründeten Vereine der Radikalen und Demokraten 1894 die »Freisinnig-Demokratische Partei der Schweiz« (Freisinn). Aus der 1913 gegründeten »Liberaldemokratischen Partei« ging 1977 die Liberale Partei der Schweiz hervor.
 
Auch in anderen Ländern entstanden bedeutende Parteien mit liberalem Profil: so u. a. in Großbritannien (Liberal Party) und in Italien (v. a. Partito Liberale Italiano, PLI). In Frankreich wurden in der Dritten Republik die liberalen Positionen zum Teil von den Radikalsozialisten vertreten, in der Gegenwart von der Union pour la Démocratie Française (UDF). In den jungen lateinamerikanischen Republiken des 19. Jahrhunderts vertraten die Liberalen (zumeist »Partido Colorado« genannt als Gegenpol zu den Konservativen des »Partido Blanco«) den laizistischen Staat; in der Gegenwart praktizieren die meisten regierenden Parteien, unabhängig von ihrem Namen, ein neoliberales Programm.

Universal-Lexikon. 2012.