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Brüdergemeine
Brü|der|ge|mei|ne 〈f. 19; unz.〉 unter Leitung des Grafen Zinzendorf entstandene evangelische Gemeinde mit dem Stammort Herrnhut ● Herrnhuter \Brüdergemeine

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Brüdergemeine,
 
Evangelische Brüder-Unität, Hẹrrnhuter Brüdergemeine, Ụnitas fratrum, Moravian Church [mə'reɪvjən 'tʃəːtʃ, englisch], aus dem Pietismus hervorgegangene evangelische Freikirche, die in ihrer Kirchenordnung (»Grund der Unität«) persönliches Glauben und Gemeinde als Bruderschaft und Dienstgemeinschaft betont. Sie geht auf die Böhmischen Brüder zurück, die sich seit 1722 auf dem Gut Berthelsdorf (Oberlausitz) des Grafen Zinzendorf niederließen. Die daraus hervorgehende Siedlung erhielt den Namen Herrnhut. 1727 von den Einwohnern dieses Ortes angenommene Statuten verpflichteten zur Bruderliebe, die an die Stelle von Religions- und Glaubensstreitigkeiten treten sollte. Die neue Gemeinschaft verstand sich als Teil der lutherischen Kirche, doch erweckten ihre besonderen Einrichtungen und Lebensformen das Misstrauen und die Gegnerschaft der Kirche.
 
Für die Brüdergemeine ist eine persönliche Glaubensbeziehung zu Jesus Christus kennzeichnend, die anfänglich Ausdrucksformen übertriebener Gefühlsfrömmigkeit fand, ferner die Liebe zu Brüdern und Schwestern, die neue Formen des christlichen Gemeinschaftslebens schuf (»Versammlungen«, Banden und Chöre, Gemeindezucht, Singstunde, Losung und Lehrtext als tägliche biblische Besinnung), und nicht zuletzt die 1732 beginnende umfangreiche Missionstätigkeit, durch die die Brüdergemeine heute in fast allen Erdteilen vertreten ist. Weltweit zählt die Brüdergemeine (2001) rd. 760 000 Mitglieder in 19 selbstständigen Unitätsprovinzen; 80 % davon leben in der Karibik und in Afrika. Die Europäisch-Festländische Provinz umfasst 26 Gemeinden in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden sowie kleinere Sozietäten in Schweden, der Schweiz und Estland mit insgesamt rd. 30 000 Mitglieden. Die Gesamtleitung der Brüdergemeine liegt bei der Unitätsdirektion mit den beiden Sitzen Herrnhut und Bad Boll (Gemeinde Boll). Seit 1948 ist die Brüdergemeine in Deutschland der Evangelischen Kirche in Deutschland angegliedert. - An der Spitze der Brüdergemeine steht die Unitätssynode, zu der im Abstand von sieben Jahren Vertreter aller Unitätsprovinzen einberufen werden. Die Bischöfe üben ein seelsorgerliches Amt aus und nehmen im Allgemeinen keine Leitungsaufgaben wahr.
 
Literatur:
 
Die Brüder-Unität, hg. v. H. Renkewitz (teilw. a. d. Engl., 1967);
 
Zinzendorf u. die Herrnhuter Brüder, hg. v. H.-C. Hahn u. a. (1977);
 H. Beck: Brüder in vielen Völkern. 250 Jahre Mission der B. (1981);
 
Wege in die Welt. Reiseberichte aus 250 Jahren Brüdermission, hg. v. H. Beck: (1992).

Universal-Lexikon. 2012.